Längerer Mutterschutz Deutschland leistet Widerstand
03.10.2008, 19:31 UhrGegen den Widerstand Deutschlands will die EU-Kommission einen längeren Mutterschutz in ganz Europa durchsetzen. EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla stellte in Brüssel ein entsprechendes Maßnahmenpaket vor. Frauen in Deutschland könnten demnach vor und nach der Geburt vier Wochen länger zu Hause bleiben als die bisherigen 14 Wochen. Der Plan sieht vor, die EU-weite Mindestdauer des Mutterschutzes auf 18 Wochen anzuheben.
Deutschland kündigte bereits vor Präsentation der Pläne Widerstand an. Nach Einschätzung des Bundesfamilienministeriums könnte der Brüsseler Vorschlag für Frauen "zum Bumerang" werden. Er erhöhe die finanziellen Risiken für Arbeitgeber, die junge Frauen beschäftigen. Das bedeute höhere Lohnnebenkosten und damit ein Hindernis für die Schaffung von Arbeitsplätzen, schrieb das Ministerium.
Während des Mutterschutzes erhalten berufstätige Frauen in Deutschland ihr volles Gehalt. Dieses wird gemeinsam von der gesetzlichen Krankenkasse und dem Arbeitgeber bezahlt. Das Ministerium verwies zudem auf das Elterngeld, das Mütter und Väter in Deutschland beziehen können. Dieses ersetze wegfallendes Erwerbseinkommen bis zu einem Anteil von 67 Prozent beziehungsweise 1800 Euro.
Hohe Kosten für Firmen
Kritik an dem Maßnahmenpaket äußerte auch der europäische Dachverband für kleine und mittlere Unternehmen (UEAPME), der hohe Kosten für die Firmen befürchtet. Spidla hingegen betonte, das Vorhaben sei eine Antwort auf die niedrige Geburtenrate in Europa. Es solle den Frauen ermöglichen, Familie und Karriere besser unter einen Hut zu bringen. "Unsere Vorschläge zur Verbesserung des Mutterschutzurlaubes werden den Frauen helfen, Berufstätigkeit und Familie zu vereinbaren(...)", sagte der tschechische Kommissar.
Damit die neue Regelung tatsächlich in Kraft treten kann, müssen noch die 27 EU-Staaten und das Europaparlament mehrheitlich zustimmen. Der Sozialkommissar äußerte sich dazu optimistisch.
Im EU-Parlament stieß der Vorschlag fraktionsübergreifend auf Zustimmung. "Das ist mutig und wird die Vorbehalte der Bürger gegenüber einem in erster Linie wirtschaftlich orientierten Europa abbauen helfen", sagte die sozialpolitische Sprecherin der CSU- Europagruppe, Gabriele Stauner. Ähnlich äußerten sich Grüne und Sozialdemokraten. Bisher sind die Mutterschutzzeiten in Europa sehr unterschiedlich geregelt. Während Deutschland sich mit 14 Wochen an das von der EU vorgeschriebene Minimum hält, stehen Frauen in Bulgarien 45 Wochen zu.
Flexible Möglichkeiten
Der EU-Plan sieht neben der Verlängerung des Mutterschutzes vor, dass die Frauen flexibler darüber entscheiden können, ab welchem Zeitpunkt sie zu Hause bleiben wollen. In Deutschland müssen Schwangere bisher sechs Wochen vor dem Entbindungstermin in Mutterschutz gehen. Strengere Regeln sehen die Pläne der Kommission auch beim Kündigungsschutz vor. Während des Mutterschutzes dürfe keine Frau entlassen werden, auch solle es dem Arbeitgeber verboten werden, eine Kündigung während dieser Zeit vorzubereiten.
Neben dem Maßnahmenpaket stellte der Sozialkommissar außerdem einen Bericht der Kommission zum Stand der Kinderbetreuungsangebote in Europa vor. Hier zeigt sich für Deutschland Nachholbedarf bei den Plätzen für unter Dreijährige. Im europaweiten Vergleich liegt die Bundesrepublik in diesem Bereich im Mittelfeld. Bei den Betreuungsangeboten für Kinder über drei Jahren schneidet Deutschland hingegen gut ab. 90 Prozent der Jungen und Mädchen ist demnach ein Kindergartenplatz sicher.
Quelle: ntv.de