Rechnungshof kritisiert Regierung Deutschland leistet sich zu viel
06.06.2012, 19:56 UhrWährend südeuropäische Staaten zum Sparen angetrieben werden, sitzt das Geld bei der deutschen Regierung viel zu locker. Die Kritik kommt nicht von irgendwem, sondern von Bundesbank und Bundesrechnungshof. Die gute Konjunktur solle besser zum Reduzieren der Schulden satt für neue Projekte genutzt werden.
Bundesbank und Bundesrechnungshof fordern angesichts der Risiken durch die Euro-Schuldenkrise von der schwarz-gelben Bundesregierung einen schärferen Sparkurs. Die beiden Institute warnen davor, wegen der guten Konjunktur die Haushaltssanierung schleifen zu lassen. Die SPD sieht sich in ihrer Kritik bestätigt. Dagegen sprach das Finanzministerium mit Blick auf die angestrebte Stabilisierung der Euro-Zone von einer ausgewogenen Spar- und Wachstumspolitik. Deutschland sei Stabilitätsanker und zugleich Wachstumsmotor. Beides müsse erfüllt werden. "Ich glaube, wir machen es ganz richtig, wie wir es gerade machen", sagte Ministeriumssprecher Martin Kotthaus.

Die Bundesregierung geht zu locker mit ihrem Geld um, bemängeln Bundesbank und Bundesrechnungshof.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Bundesrechnungshof empfiehlt in seiner Stellungnahme zum Nachtragsetat 2012, "die derzeit noch günstigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu nutzen, um den Defizitabbau stärker voranzutreiben". Die Höhe der Neuverschuldung und des Schuldenstands seien weiterhin mit Sorge zu betrachten. Die Spielräume blieben begrenzt, mahnten die Rechnungsprüfer. An dem 2010 aufgelegten und bisher nur teilweise umgesetzten Sparpaket der schwarz-gelben Koalition im Umfang von rund 81,5 Milliarden Euro sollte ohne Abstriche festgehalten werden. Der Bundeshaushalt erhielte somit einen Sicherheitspuffer, um in der Euro-Schuldenkrise und bei einer Eintrübung der Konjunktur angemessen reagieren zu können.
Die Bundesbank moniert, dass die positiven Überraschungen bei Steuereinnahmen und Zinsausgaben für eine Lockerung des Sparkurses genutzt würden. "Eine möglichst zügige Konsolidierung des Bundeshaushalts ist aus zahlreichen Gründen dringend zu empfehlen", heißt es in der Stellungnahme. Zu berücksichtigen seien auch die hohe Schuldenquote und die absehbare Belastung der Staatskassen durch die Alterung der Gesellschaft. Hinzu kämen erhebliche Risiken aus der Finanz- und Staatsschuldenkrise. Daher sollte zügig eine solide Grundposition geschaffen werden.
Mehreinnahmen werden für dauerhafte Ausgaben verplant
Der Nachtragsetat ist notwendig, weil der ESM am 1. Juli starten soll und damit früher als geplant. Auch soll er schneller mit Kapital ausgestattet werden. Deutschland muss 2012 rund 8,7 Milliarden Euro Kapital in den ESM einzahlen, wofür zusätzliche Kredite nötig sind. Daher steigt nach dem Entwurf die Neuverschuldung des Bundes in diesem Jahr von 26,1 auf 34,8 Milliarden Euro. Berücksichtigt sind auch andere veränderte Einnahmen und Ausgaben. Es zeichnet sich aber eine niedrigere Neuverschuldung ab als angenommen. So könnte sich den Angaben zufolge die bisher 2012 veranschlagte Nettokreditaufnahme dank besserer Steuereinnahmen auf 32,3 Milliarden Euro verringern.
Nach Aussage des haushaltspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, haben alle Sachverständigen die Bundesregierung für ihre verfehlte Haushaltspolitik kritisiert: "Der Bundesfinanzminister und die Regierungskoalition haben die Haushaltskonsolidierung aufgegeben." Trotz der Entwicklung bei den Einnahmen komme der Abbau der Neuverschuldung nicht schneller voran. Stattdessen würden die konjunkturell bedingten Mehreinnahmen für dauerhafte Ausgaben wie das verwendet.
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß erklärte, die Kritik von Bundesrechnungshof und Bundesbank stoße auf taube Ohren. "Statt endlich intelligent an den richtigen Stellen zu sparen, beschließt diese Regierung sinnlose Ausgaben." Außerdem verfolge die immer noch ihre unzeitgemäßen Steuersenkungspläne, die auch die Länder und Kommunen massiv treffen würden.
Quelle: ntv.de