Politik

Verschwörungstheorien blühen "Die Bilderberger verstärken die Skepsis"

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Auch das Bündnis "Pegida" will gegen die Bilderberger demonstrieren.

(Foto: dpa)

In Dresden treffen sich 130 Menschen aus aller Welt, die mächtig oder reich sind. Kritiker sprechen von einer "geheimen Weltregierung". Die Kulturwissenschaftlerin Eva Kimminich erklärt, warum die Bilderberger Verschwörungstheoretiker geradezu herausfordern.

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Eva Kimminich ist Professorin an der Universität Potsdam. Die Kulturwissenschaftlerin forscht unter anderem zu den Mechanismen bei Verschwörungstheorien.

n-tv.de: Bei der Bilderberger-Konferenz trifft sich eine Elite aus Politik, Wirtschaft, Militär und Medien, und das auch noch geheim. Sind das perfekte Voraussetzungen für Verschwörungstheorien?

Eva Kimminich: Klar. Wir leben in einer Zeit, in der ein starkes Misstrauen gegen die Regierenden und Mächtigen herrscht. Wir haben eine Überinformation, gleichzeitig gibt es über Dinge wie die Bilderberger-Konferenz aber so gut wie keine Informationen. Das befeuert natürlich die Skepsis.

Im vergangenen Jahr bekam kaum jemand überhaupt mit, dass das Bilderberger-Treffen stattfand. Warum ist die Aufmerksamkeit in diesem Jahr besonders groß?

Das zeigt, dass die Stimmung gerade besonders aufgeheizt ist. Vor allem hat es damit zu tun, dass verschiedene Entwicklungen sich zugespitzt haben und die Komplexität dieser Entwicklungen schwer zu erklären ist. Erklärt wird sie dann von verschiedenen Gruppierungen, die vorgeben, klare Antworten geben zu können.

Die Bilderberg-Konferenz
  • Seit 1954 finden regelmäßig informelle Treffen statt, die sich nach dem ersten Tagungsort, dem Hotel de Bilderberg in den Niederlanden, nennen.
  • Es steckt dahinter keine offizielle Organisation und kein Klub. Die Teilnehmer nehmen als Privatpersonen teil - stammen aber aus den Eliten von Wirtschaft, Politik, Finanzen, Militär und Medien.
  • Die Zusammenkünfte unterliegen den "Chatham House Regeln" - Teilnehmer dürfen zwar über Inhalte berichten, aber dabei keine Personen nennen. Das soll den freien Austausch erleichtern.
  • Daraus speist sich auch die Kritik an den Bilderberger-Konferenzen: Kritiker vermuten, dass die Mächtigen der Welt dort geheime Pläne verabreden, wie sie das Weltgeschehen beeinflussen wollen. Die Rede ist dann von einer "geheimen Weltregierung".
  • Die Veranstalter haben eine Liste der Teilnehmer in diesem Jahr sowie der Themen im Internet veröffentlicht. (nsc)

Was für Gruppen sind das zum Beispiel?

Gerade bei rechten Gruppierungen wie beispielsweise Pegida wird gerne von Mächtigen gesprochen, die den Mainstream beherrschen und darüber die Bevölkerung einer Gehirnwäsche unterzogen haben. Anti-Amerikanismus mischt sich mit Islamophobie und Antisemitismus.

Wird die Aufregung noch verstärkt dadurch, dass ausgerechnet drei Bundesminister an der Konferenz teilnehmen?

Das mag sein. Aber es waren ja andere auch schon vorher dabei. Ursula von der Leyen zum Beispiel nimmt zum zweiten Mal teil.

Es haben sich rechte wie linke Gruppen für Demonstrationen gegen die Bilderberger angekündigt - von marxistischen Gruppen und Antifa bis Pegida. Haben wir es hier mit einer paradoxen Einigkeit von Linken und Rechten zu tun?

Wie einig sie sich da wirklich sind, darüber kann man nur Vermutungen anstellen. Bei den Linken drängt sich der Eindruck auf, dass sie das Feld der Kritik nicht den Rechten überlassen wollen. Sie stehen auch für Protest, wenn es um Mächtige und deren Entscheidungen geht. Also müssen sie sich auch irgendwie zum Bilderberger-Treffen positionieren. Der Protest der Rechten gründet sich darauf, dass sie in einem Treffen wie dem der Bilderberger eine Art Beweis für ihre Theorie einer Weltverschwörung sehen. Diese Kritiker sehen sich als Aufdecker der Wahrheit.

Die Konferenz findet in Dresden statt, der Heimatstadt von Pegida. Wollen die Veranstalter damit irgendetwas sagen?

Eine Aussage hat das mit Sicherheit. Da müsste man die Bilderberger aber selbst fragen. Möglicherweise wollen sie ein Zeichen setzen, nachdem sie sich bisher immer eher an kleineren Orten getroffen haben, die schwerer erreichbar waren und das Geheime noch unterstrichen. Vielleicht ist es auch ein erstes Signal in die Richtung: "Leute, wir machen was ganz Normales".

Wie kann sich im Fall der Bilderberger die These der Weltregierung seit mehr als 60 Jahren halten? Da müssen ja irgendwann mal Beweise kommen.

Bei Anhängern von Verschwörungstheorien spielt der Glaube eine große Rolle. Da dringen Sachargumente kaum noch durch. Wenn man sich mit Leuten unterhält, die an Chemtrails glauben, stellt man fest, dass sie immer eine Antwort darauf haben, mit der sie das rationale Argument entkräften, auch wenn ihr eigenes jeder Rationalität entbehrt.

Mit Eva Kimminich sprach Nora Schareika

Quelle: ntv.de

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