Vorfreude bei der SPD Die Hauptstadt hat die Wahl
18.09.2011, 08:45 Uhr
Wowereit ist seit gut zehn Jahren im Amt, seit Anfang 2002 steht er an der Spitze einer rot-roten Koalition.
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Bleibt alles beim Alten in Deutschlands Bundeshauptstadt, "arm, aber sexy", oder kommt es zu einem Farbwechsel? Darüber entscheiden heute fast 2,5 Millionen Berliner bei der Wahl eines neuen Abgeordnetenhauses. Klar scheint ein Sieg der SPD zu sein, die sich einen Regierungspartner aussuchen kann. Der FDP droht der Rauswurf aus dem Parlament, das die Piraten vermutlich entern.
"Arm, aber sexy", hatte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit seine Stadt einmal genannt. Der SPD-Politiker, seit 2001 im Amt, regiert in einer Koalition mit der Linkspartei und kann vermutlich weiter im Amt bleiben: Nach allen Umfragen zeichnet sich ein deutlicher Sieg der Hauptstadt-SPD mit Werten zwischen 29,5 und 32 Prozent ab. Für den 57-jährigen Wowereit wäre es der dritte Sieg in Folge.
Rot-grünes Bündnis wahrscheinlich

"Wowi", der Berlin-Versteher in Aktion. Beim Wahlkampfabsc hluss gab's auch Promi-Hilfe durch US-Schauspieler Larry Hagmann, besser als J.R.Ewing bekannt.
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Wowereit hat sich bislang auf keinen Bündnispartner festgelegt. Eine Fortsetzung der Koalition mit den Linken ist allerdings unwahrscheinlich - zu schlecht sind die Umfragewerte für den kleinen Koalitionspartner. Selbst bei einer rechnerischen Mehrheit von SPD und Linkspartei ist eine Neuauflage ihrer Koalition nicht ausgemacht; die Zusammenarbeit mit den Linken gilt auch als verbraucht. Die Grünen könnten hingegen mit ihrer Spitzenkandidatin Renate Künast Regierungspartner der SPD werden. Trotz eines Abrutschens in den Umfragen von 30 auf 20 Prozent können die Grünen mit kräftigen Zuwächsen im Vergleich zu 2006 rechnen.
Eine Koalition der SPD mit der CDU gilt als wenig wahrscheinlich. Der CDU bleibt voraussichtlich zwar die Blamage erspart, den zweiten Platz an die Grünen zu verlieren. Doch ein Regierungswechsel zugunsten der Union liegt in Berlin auch unter Spitzenkandidat Frank Henkel in weiter Ferne.
FDP macht die Wahl spannend

Was die FDP letztendlich will, bleibt rätselhaft. Euro-Populismus soll zum Schluss helfen, über die 5-Prozent-Hürde zu springen.
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Die FDP droht dagegen an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Schuld daran ist möglicherweise auch die junge, auf Bürgerrechts-Themen spezialisierte Piratenpartei, die bei Umfragewerten von 6,5 bis 9,0 Prozent erstmals in ein Landesparlament einziehen könnte.
Der Wahl wird auch eine bundespolitische Signalwirkung beigemessen. Mit Spannung wird deshalb abgewartet, welche Folgen das Votum für die schwarz-gelbe Koalition von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) haben wird. Zwischen CDU, CSU und FDP war es zuletzt zu immer heftigeren Auseinandersetzungen über den richtigen Weg zur Bekämpfung der Schuldenkrise gekommen.

Auch wenn die CDU die Grünen abhängen sollte, eine Regierungsbeteiligung ist fraglich.
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Für die schwarz-gelbe Bundesregierung wird die Luft in den Ländern immer dünner. Von den vorausgegangenen sechs Landtagswahlen hat die SPD in vier Ländern gewonnen: Hamburg, Bremen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern. Die CDU verteidigte ihre führende Stellung zwar in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg. Aufgrund der Schwäche der FDP kam in Stuttgart jedoch der bundesweit erste Grünen-Ministerpräsident mit Hilfe der SPD an die Macht.
Die Abgeordnetenhauswahl 2006 gewann die SPD mit 30,8 Prozent sehr deutlich vor der CDU mit 21,3 Prozent. Die Linke landete mit 13,4 Prozent knapp vor den Grünen mit 13,1 Prozent. Die FDP erzielte 7,6 Prozent, die sonstigen Parteien 13,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung erreichte 2006 mit 58,0 Prozent ihren tiefsten Stand seit 1990.
Bis Mittag schwache Beteiligung
Bis zum Mittag zeichnete sich eine schwache Wahlbeteiligung ab. Wie Landeswahlleiterin Petra Michaelis-Merzbach mitteilte, gaben bis zwölf Uhr 19,1 Prozent der rund 2,47 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Bei der Wahl vor fünf Jahren waren es um diese Zeit bereits 22,3 Prozent.
Gewählt werden auch die zwölf Berliner Bezirksparlamente, sie die Bezirksbürgermeister bestimmen.
Quelle: ntv.de, hdr/dpa/rts