Protest gegen Leistungsschutzrecht Die Jugend vereinigt sich
29.11.2012, 16:50 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit einem Leistungsschutzrecht will die Bundesregierung dafür sorgen, dass die gebeutelten Zeitungsverlage mitverdienen, wenn ihre Inhalte in Ergebnislisten von Suchmaschinen erscheinen. Ein unsinniges Vorhaben. Das finden zumindest die Jugendorganisationen der Parteien. Sie fordern die Verlage auf, endlich zeitgemäße eigene Geschäftsmodelle zu entwickeln.
In einem ungewöhnlichen Bündnis über politische Lagergrenzen hinweg haben sich die Jugendorganisationen fast aller großen politischen Parteien gegen die Einführung eines Leistungsschutzrechtes für Presseverlage ausgesprochen. "Eine Schutzlücke gibt es nicht", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Junger Union, Jusos, der Grünen Jugend, den Jungen Liberalen und den Jungen Piraten. "Es ist uns unbegreiflich, dass der Gesetzgeber der Argumentation der Verlegerverbände folgt"
Suchmaschinen geben in ihren Ergebnislisten auch immer wieder Links und Auszüge von Verlagsinhalten aus und profitieren so durch die Angebote der Medienunternehmen. Laut einer Studie der Hamburger Unternehmensberatung TRG – The Reach Group machen Nachrichten und aktuelle Medieninformationen 7,5 Prozent aller Einträge in den Suchergebnissen von Google aus. Vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) heißt es darum: "Es ist doch selbstverständlich, dass jemand, der einen Inhalt gewerblich nutzt, auch dafür bezahlt."
7,5 Prozent der Suchergebnisse sind Nachrichten
Die schwarz-gelbe Bundesregierung will mit dem Leistungsschutzrecht den Verlagen zu diesem Zweck das ausschließliche Recht geben, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Das heißt: Wenn eine Suchmaschine mehr Textzeilen als den reinen Link zu einem Artikel anzeigt, können die Verlage von den Suchmaschinenanbietern Unterlassung verlangen oder sie zur Kasse bitten. Geplant ist, dass die Suchmaschinen Lizenzen für die Inhalte erwerben.
Die Jugendorganisationen der Parteien erinnern nun daran, dass es schon jetzt technische Möglichkeiten gibt, Inhalte im Netz dem Zugriff durch Suchmaschinen und News-Aggregatoren zu entziehen. Wie jeder Betreiber einer Webseite können auch Verlage mit einer kleinen Text-Datei auf dem Server (robot.txt) oder einer Zeile im HTML-Code dafür sorgen, dass die automatischen Programme der Suchmaschinen diese Webseite nicht erfassen. Viele Verlage nutzen die Suchmaschinen aber bewusst, um auf ihre Angebote aufmerksam zu machen.
Forscher: Verlage wollen abkassieren
In einer Stellungnahme des Max-Planck-Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht in München heißt es: Es sei nicht anzunehmen, "dass die Presseverleger dieses Verbotsrecht tatsächlich durchsetzen werden. Schließlich seien die Verleger auf die Links der Suchmaschinen angewiesen, damit ihre Inhalte im Netz auch gefunden würden. Es gehe den Medienunternehmen nur darum, Lizenzeinnahmen zu erzielen.
Laut dem Institut sind beide Seiten aufeinander angewiesen: "Ohne Inhalte würden die Suchmaschinen nichts finden - und ohne Suchmaschine würde in der unübersehbaren Informationsfülle des Internets nichts gefunden." Das Leistungsschutzrecht schützt dieser Logik folgend also niemanden.
Bei den Jugendorganisationen heißt es darum: "Es gibt keine Notwendigkeit für diese Innovationsbremse." Die Verlage müssten sich — wie andere Branchen auch — dem Strukturwandel stellen. "Statt an analogen und nicht umsetzbaren Regelungen festzuhalten, sollten sie neue, an das Internet angepasste Geschäftsmodelle entwickeln."
Junge Union boykottiert Linksjugend
Auch die Linksjugend stellt sich gegen das Leistungsschutzrecht. Auf Anfrage von n-tv.de hieß es von der Jugendorganisation der Linke, ihre Positionen stimmten mit denen der Stellungnahme überein. Die Linksjugend sei aber – vermutlich aufgrund von Widerständen der Jungen Union - nicht gefragt worden, sich daran zu beteiligen.
Wie die anderen Jungendorganisationen fordert die Linksjugend alle Parteien im Bundestag auf, dem Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht nicht zuzustimmen.
Der Bundestag hat die Beratung der Gesetzesänderung für die Nacht zum Freitag auf die Tagesordnung gesetzt. Nach der ersten Lesung geht das Leistungsschutzrecht in die Fachausschüsse. Der Bundesrat, die Länderkammer des Parlaments, muss nicht zustimmen. Ob das Gesetz aber noch in der laufenden Legislaturperiode in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden kann, ist ungewiss.
Quelle: ntv.de, ieh/dpa