Putins Auftritt vor der Presse "Die Ukrainer sind unsere Brüder"
04.03.2014, 13:57 Uhr
Auf kritische Fragen reagierte Putin leicht gereizt. Ansonsten gab sich der Präsident entspannt.
(Foto: AP)
Zwei Stunden lässt Russlands Staatschef die Journalisten warten, bevor er seine spezielle Sicht auf den Konflikt in der Ukraine und auf der Krim erläutert. Einen Einmarsch in das Nachbarland hält er erst einmal nicht für nötig. Die russischen Soldaten auf der Krim nennt er "Selbstverteidigungskräfte".
Russlands Staatschef Wladimir Putin sieht derzeit keine Notwendigkeit für die Entsendung russischer Truppen in die Ukraine. "Wenn wir diese Entscheidung treffen, dann nur zum Schutz der ukrainischen Bürger", sagte Putin vor Reportern in seiner Residenz bei Moskau. Eine Truppenentsendung in die Ukraine wäre auf jeden Fall "legitim", betonte Putin. Schließlich habe Russland ein offizielles Hilfsgesuch des "legitimen Präsidenten der Ukraine", Viktor Janukowitsch, erhalten. Der Schutz der "uns historisch eng verbundenen Bevölkerung" wäre in dem Fall eine humanitäre Mission.
Die Tausenden mutmaßlich russischen Soldaten auf der Krim sind nach Putins Darstellung "einheimische Selbstverteidigungskräfte". Auf den Hinweis, dass sie doch aber russische Uniformen trügen, sagte Putin, diese seien "im postsowjetischen Raum" überall zu kaufen.
Die Menschen im Süden und Osten der Ukraine hätten Angst vor Gesetzlosigkeit, sagte Putin. Und sie seinen nicht nur Nachbarn für Russland, sondern "Brüder". Er gehe aber davon aus, dass Russland in der Ostukraine nichts werde unternehmen müssen. "Wir haben nicht vor, dort zu intervenieren", sagte Putin. Er betonte aber: "Die Bewohner dort müssen die gleichen Rechte haben, die Zukunft ihres Landes mitzubestimmen." Ein Einmarsch in die Ukraine wäre eine "extreme Maßnahme", so Putin. Mit Verweis auf die Krim, wo bisher kein Widerstand der Bevölkerung gegen die russischen Streitkräfte zu beobachten war, äußerte der russische Präsident die Überzeugung, dass ukrainische und russische Soldaten "nie auf unterschiedlichen Seiten" kämpfen würden.
"Dumme Aktionen" in Kiew
Die vor wenigen Tagen in Kiew eingesetzte Übergangsregierung hält Putin nicht für legitim, das Parlament dagegen schon. De jure gebe es nur einen legitimen Präsidenten, auch wenn dieser keine Macht mehr besäße. Damit meinte Putin Janukowitsch, der inzwischen nach Russland geflohen ist. Es gebe nach ukrainischem Recht nur drei Möglichkeiten, wie ein Präsident sein Amt verlieren könne: durch Tod, Rücktritt oder ein kompliziertes Absetzungsverfahren. "Denen, die sich für die legitime Regierung halten", empfehle er, alles in Gang zu setzen, um eine echte legitime Regierung zu schaffen.
Für den russischen Staatschef ist die Machtübernahme der ukrainischen Opposition vor rund zehn Tagen ein Staatsstreich. Maskierte, die immer noch in Kiew herumliefen, stünden für "dumme Aktionen". Durch die Machtübernahme hätten sie den Süden und Osten der Ukraine unnötig in Wallung gebracht. Gleichzeitig äußerte Putin Verständnis für die Leute auf dem Maidan in Kiew, die nicht "irgendwelche Schönheitskorrekturen, sondern große, einschneidende Veränderungen" erwarteten. "Der einfache Mann hat unter allen Regierungschefs seit der Unabhängigkeit (der Ukraine) gelitten. Nichts hat sich zum Besseren geändert." Gleichwohl dürften ungesetzliche Aktionen nicht gefördert werden.
Russland bereitet weiter G8-Gipfel vor
Zur Zukunft der autonomen Republik Krim sagte der russische Präsident, die Bürger sollten in Freiheit und Sicherheit leben und ihre Zukunft selbst bestimmen. Die Reaktionen der westlichen Staaten auf die russische Invasion auf der Krim - die in Putins Darstellung ja gar nicht stattgefunden hat - hält er für rein interessengeleitet. Die wirtschaftlichen Auswirkungen wie die Talfahrt an den Börsen spielte er herunter mit dem Argument, es handele sich um "Gesamttendenzen, die nichts mit der Ukraine zu tun" hätten.
Der Westen habe den verfassungswidrigen Staatsstreich in Kiew unterstützt. Putin verwies zudem auf völkerrechtswidrige Aktionen der USA und Europas, etwa in Libyen 2011. Russland dagegen handele "ausschließlich legitim". Die angedrohten Sanktionen des Westens gegen Russland nannte der Präsident "unproduktiv und schädlich". Russland bereite sich weiterhin auf den G8-Gipfel in Sotschi vor und darauf, dass "unsere Partner kommen. Aber wenn sie nicht wollen, dann eben nicht."
Quelle: ntv.de, nsc