Komplizierter geht es kaum Die Vorwahlen in den USA
28.12.2007, 18:48 UhrAm 4. November 2008 wird der neue US-Präsident gewählt. Doch das Rennen um das Weiße Haus läuft längst. Eine Vorentscheidung fällt am 3. Januar. Dann findet die erste Vorwahl statt.
Traditionell macht das landwirtschaftlich geprägte Iowa den Auftakt. Dem Bundesstaat mit rund drei Millionen Einwohnern kommt damit die Rolle eines Trendsetters zu: Wer in Iowa verliert und trotzdem weitermachen will, muss schon eine gute Erklärung haben. So dürfte es dem republikanischen Bewerber Rudolph Giuliani gehen. Der Ex-Bürgermeister von New York liegt in den landesweiten Umfragen vorne. Dennoch erwartet niemand, dass er in Iowa siegt - für den "Kartoffelstaat" ist Giuliani viel zu liberal.
Basisdemokratische Urwahl
Die Vorwahl in Iowa läuft nach dem "Caucus"-Prinzip: Eingetragene Parteimitglieder versammeln sich in Privathäusern, Kneipen, Schulen und Scheunen, um über die Kandidaten zu diskutieren und schließlich abzustimmen - mitunter noch per Handzeichen. Gewählt wird dabei nicht der Bewerber, sondern Delegierte für Parteiversammlungen auf County-Ebene (County Convention), wo wiederum Delegierte für einen Parteitag auf der Ebene des Bundesstaats bestimmt werden (State Convention). Dort schließlich werden die Delegierten für die Bundesparteitage (National Party Convention) gewählt, auf denen die Präsidentschaftskandidaten endgültig nominiert werden.
In den meisten US-Bundesstaaten werden die Delegierten für die Nominierungs-Parteitage allerdings nicht per Caucus, sondern bei einer "Primary" bestimmt. Das sind klassische Vorwahlen, an denen sich eingetragene Wähler beteiligen dürfen. In den meisten Bundesstaaten sind die Primaries "geschlossen": Beteiligen darf sich nur, wer sich als Demokrat, Republikaner oder Unabhängiger hat registrieren lassen. Bei den "offenen" Primaries ist eine Vorfestlegung auf eine Partei nicht erforderlich.
Um die Sache noch komplizierter zu machen, gibt es Bundesstaaten, in denen Republikaner und Demokraten unterschiedliche Systeme anwenden. In Delaware etwa veranstalten die Demokraten eine Primary, die Republikaner dagegen Caucuses (so der englische Plural). In Michigan ist es umgekehrt.
Erste Primary in New Hampshire
Die erste Vorwahl nach dem Primary-Prinzip findet traditionell in dem kleinen Neuenglandstaat New Hampshire statt, in diesem Wahlkampf am 8. Januar. Wie der "Iowa caucus" hat die "New Hampshire primary" vor allem einen hohen symbolischen Stellenwert, der allerdings nicht unterschätzt werden darf. Wer aus den ersten Caucuses und der ersten Primary siegreich hervorgeht, dem sind die Aufmacher der Nachrichten und der Zeitungen im ganzen Land sicher. Er kann hoffen, die riesige Schar Unentschiedener auf seine Seite zu ziehen oder unsichere Wähler seinen Konkurrenten in den anderen Bundesstaaten abspenstig zu machen.
Als problematisch gilt die kleine Zahl der Wähler, die sich an den Vorwahlen beteiligen. In Iowa waren es 2004 lediglich sechs Prozent der Wahlberechtigten - die meisten von ihnen ältere Weiße. 1972, als diese Form der Wahl dort eingeführt wurde, waren die Caucuses bescheidene Treffen, mit denen die Bürgerbeteiligung an der Nominierung gefördert werden sollte. Heute ist der Caucus in Iowa ein internationales Medienspektakel.
Nominierung ist reine Formsache
Die letzten Vorwahlen sind Anfang Juni. Bis dahin wird ein Großteil der Bewerber allerdings bereits das Handtuch geworfen haben. Die endgültigen Kandidaten der Demokraten und Republikaner dürften spätestens nach dem 5. Februar feststehen. An diesem "Super-Duper-Tuesday" finden in mehr als 20 Bundesstaaten Vorwahlen statt, unter anderem in den bevölkerungsreichen Staaten Kalifornien und New York, die auf den Parteitagen besonders viele Delegierte stellen.
Damit sind die National Party Conventions im August und im September reine Formsache: Der Kandidat steht fest, der Parteitag ist reine Show. Wenn in Deutschland jedoch von einem "typisch amerikanischen" Parteitag die Rede ist, wird ausgeblendet, dass die eigentliche Wahl des Kandidaten längst stattgefunden hat.
Quelle: ntv.de, mit rts, dpa