Zugunglück von London Die Weiche war's
11.05.2002, 08:21 UhrEine defekte Weichenanlage war Ursache des jüngsten Zugunglücks in Großbritannien, bei dem am Freitag sieben Menschen starben und mehr als 70 verletzt wurden. Dies gab der Chef der Betreibergesellschaft Railtrack, John Armitt, am Samstagabend in London bekannt.
Das Ergebnis der Untersuchungen sei "eindeutig", sagte Armitt. Die Weiche vor dem Bahnhof von Potters Bar habe sich bewegt, als der Personenzug mit 151 Menschen an Bord darüberfuhr. Schraubenmuttern an der Anlage hätten sich gelockert. "Die Frage ist jetzt, warum sie sich gelöst hatten", sagte der Chef der privaten Railtrack.
Der britische Thronfolger Prinz Charles besuchte am Samstag mehrere Verletzte im Krankenhaus. Als er von dem Unfall gehört habe, habe sein Herz still gestanden, sagte der Prinz nach einem Besuch bei fünf Verletzten im Barnet General Hospital. "Ich möchte allen, die einen Angehörigen verloren haben, mein tiefstes Mitgefühl ausdrücken", fügte Charles hinzu, bevor er zu einem weiteren Krankenhaus mit Unfallopfern fuhr. Seine Mutter, Königin Elizabeth II., hatte zuvor bereits in einer Botschaft an das britische Verkehrsministerium ihre tiefe Trauer über den Vorfall bekundet.
Verkehrsminister Stephen Byers besuchte am Samstag die Unglücksstelle und erklärte, trotz des neuerlichen Unfalls sei das Bahnfahren immer noch eine der sichersten Arten zu reisen. "Wir müssen jetzt wieder Vertrauen in der Öffentlichkeit gewinnen und angemessene Schritte einleiten, um sicherzustellen, dass derartige Vorfälle gestoppt werden können", sagte er.
Der Zug mit 151 Pendlern war am Bahnhof von Potters Bar, rund 20 Kilometer nördlich von London, aus den Schiene gesprungen. Ein Waggon prallte auf den Bahnsteig der Ortschaft, wo Menschen auf den Zug warteten. Fahrgäste berichteten, sie hätten kurz vor dem Unfall einen Ruck gespürt. Von den Verletzten befanden sich am Samstag noch zwölf im Krankenhaus. Unter den Toten befand sich auch der ehemalige Chef der BBC-Auslandsdienste, Austen Kark. Er starb im Alter von 75 Jahren.
Es war bereits das sechste tödliche Eisenbahnunglück in Großbritannien binnen fünf Jahren. Bei den fünf vorherigen Unfällen waren insgesamt 65 Menschen ums Leben gekommen. Die britische Presse übte am Samstag scharfe Kritik an den Eisenbahngesellschaften und warf ihnen vor, die Sicherheit ihrer Fahrgäste zu missachten. Dieser Unfall hätte einfach nicht passieren dürfen, hieß es.
Quelle: ntv.de