Politik

Obama blickt nach vorn Die Zeit drängt

Nur wenige Stunden nach seinem historischen Sieg hat der neu gewählte US-Präsident Barack Obama sein Team ernannt, das den Regierungswechsel vorbereiten soll. Es wird von dem Ex-Clinton Mitarbeiter John Podesta, der Obama-Beraterin Valerie Jarrett und Pete Rouse, Obamas Stabschef im Senat, geleitet. Das gab das Obama-Team in Chicago bekannt.

Im Team ist auch Susan Rice, die in US-Medien als mögliche nationale Sicherheitsberaterin in einer Regierung Obama gehandelt wird. Weitere Mitglieder sind die demokratische Gouverneurin von Arizona, Janet Napolitano, der Dekan der kalifornischen Berkeley Universität, Christopher Edley sowie Federico Pena, der als Verkehrs- und Energieminister unter dem ehemaligen Präsidenten Bill Clinton gedient hatte.

Alte Clinton-Riege

Experten erwarten, dass der Demokrat auch schnell seine Kandidaten für die wichtigsten Kabinettsposten vorstellen wird. "Angesichts von zwei Kriegen und einer internationalen Finanzkrise kann die neue Regierung keine Zeit damit verschwenden, auf Touren zu kommen", sagte William Galston, ehemaliger Berater von Bill Clinton und heute Professor an der University of Maryland. Zwar ist bekannt, dass Obama bereits mit der Planung für die Machtübergabe im Januar begonnen hat. Diese findet jedoch unter strengster Geheimhaltung statt.

Nach Informationen der "New York Times" soll der Kongressabgeordnete Rahm Emanuel den Job eines Stabschefs im Weißen Haus angeboten bekommen. Emanuel diente schon Ex-Präsident Bill Clinton als enger Berater.

Erstes Geheimdienstbriefing

Am Donnerstag erhält Obama zudem sein erstes Briefing durch die Geheimdienste. Obama werde die gleichen Informationen bekommen wie der amtierende Staatschef und Oberbefehlshaber George W. Bush, erklärte CIA-Direktor Michael Hayden in einem Brief an seine Mitarbeiter.

Themen dürfte es bei der allmorgendlichen Unterredung mit den Geheimdienstlern genug geben: Neben den Kriegen in Afghanistan und im Irak muss sich Obama mit einem wiedererstarkten Russland, dem iranischen Atomprogramm und der Bedrohung durch radikal-islamische Terroristen beschäftigen. Auch die Proteste gegen US-Angriffe auf pakistanische Dörfer an der Grenze zu Afghanistan und die Zukunft des umstrittenen Gefangenenlagers Guantanamo auf Kuba werden vermutlich auf der Tagesordnung stehen. Obama will Guantanamo schließen lassen.

Auch Republikaner im Gespräch

Vermutet wird, dass angesichts der Finanzkrise der Posten des Finanzministers bereits in den kommenden Tagen besetzt werden könnte. Als Kandidaten für den wichtigen Posten werden der ehemalige Finanzminister Lawrence Summers, Ex-Fed-Chef Paul Volcker und der jetzige Fed-Chef von New York, Timothy Geithner, gehandelt.

Obama selbst hat auch lobend vom Großinvestor Warren Buffett gesprochen. Zu den Wirtschaftsberatern des Präsidentschaftskandidaten gehören Austan Goolsbee von der University of Chicago und der frühere Clinton-Mitarbeiter Jason Furman.

Als Außenminister ist der Senator aus Massachusetts und ehemalige Präsidentschaftskandidat John Kerry im Gespräch. Zu den Alternativen gehören dessen Kollege Chuck Hagel - ein Republikaner - und Ex-Kollege Sam Nunn oder der ehemalige Diplomat Richard Holbrooke. Wegen der laufenden Kriege könnte Obama sich entschließen, Verteidigungsminister Robert Gates einfach im Amt zu lassen.

Bush sichert Zusammenarbeit zu

Auch US-Präsident George W. Bush hat die historische Bedeutung der Wahl Obamas ins Weiße Haus gewürdigt und seinem designierten Nachfolger "volle Zusammenarbeit" bei der Machtübergabe zugesichert. In einer Ansprache im Rosengarten des Weißen Hauses sagte Bush, er habe ein herzliches Telefongespräch mit Obama geführt und ihm zu seinem "beeindruckenden Sieg" gratuliert.

Obamas Weg spiegele den "Triumph des amerikanischen Traums", sagte der scheidende US-Präsident. "Alle Amerikaner können stolz auf die Geschichte sein, die gestern geschrieben wurde." Die Wahl habe der Welt "die Vitalität der amerikanischen Demokratie vor Augen geführt", so Bush.

"Auffrischung" strapazierter Beziehungen


Staats- und Regierungschefs aus aller Welt gratulierten Obama und signalisierten große Erwartungen an die neue Führung in Washington. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte an, rasch das Gespräch mit Obama zu suchen. "Auf der Grundlage tiefer Freundschaft und Partnerschaft wird man die Probleme, die anstehen, lösen können", sagte die Kanzlerin. Kreml-Chef Dmitri Medwedew sagte: "Wir hoffen, dass die neue US-Führung als unser Partner sich für eine vollwertige Zusammenarbeit mit Russland entscheidet." Man erwarte eine "Auffrischung" der zuletzt arg strapazierten Beziehungen.

Bitte um Versöhnung

"Der Wandel ist nach Amerika gekommen", hatte Obama in seiner Siegesrede in Chicago gesagt. Dies ist "unsere Zeit, ... um den amerikanischen Traum wieder zu beleben". Das Land stehe angesichts zweier Kriege im Irak und in Afghanistan sowie der gravierenden Finanzkrise vor enormen Herausforderungen. Es werde einige Zeit brauchen, die Wirtschaft anzukurbeln und "Allianzen zu reparieren". Er beschwor seine Landsleute, über die Parteigrenzen hinweg für das Wohl der Nation zusammenzuarbeiten.
In vielen US-Städten gab es spontane Jubelfeiern. Viele Menschen weinten vor Freude, nachdem die Fernsehsender den Sieg Obamas kurz nach 23.00 Uhr (Ortszeit Ostküste) verkündet hatten. Auch vor dem Weißen Haus in Washington feierten tausende Amerikaner den frisch gewählten US-Präsidenten. Rivale McCain gestand seine Niederlage in Phoenix im Bundesstaat Arizona ein. Den Zeitungen bescherte die historische Wahl Traumauflagen. Innerhalb weniger Stunden seien die Ausgaben vergriffen gewesen, berichtete das US-Magazin "Editor & Publisher".

Hohe Wahlbeteiligung

Den Wählerstimmen nach kam Obama auf 52 Prozent. Auf McCain entfielen demnach 47 Prozent. Bei der Zahl der Wahlmänner führte Obama nach Berechnungen des Senders CNN mit 349 zu 163 Stimmen vor McCain. Für die Wahl zum Präsidenten sind 270 Wahlleute notwendig. Die Wahlmänner stimmen am 15. Dezember ab, der neue Präsident wird schließlich am 20. Januar ins Amt eingeführt.

Bei der Wahl sind zudem so viele Bürger zu den Wahlurnen geströmt wie seit hundert Jahren nicht mehr. Wie die unabhängige Wahl-Website RealClearPolitics meldete, ging am Dienstag eine Rekordzahl von 66 Prozent der US-Wahlberechtigten wählen - so viele wie seit 1908 nicht mehr. Bei der Wahl des Demokraten John F. Kennedy zum US-Präsidenten im Jahr 1960 hatte die Wahlbeteiligung bei 63,1 Prozent gelegen. 2004, als Amtsinhaber George W. Bush für seine zweite Amtszeit gewählt wurde, gaben nur 55,3 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab.

Berg nach Obama benannt

Obamas Wahlsieg brachte allerdings auch Kuriositäten mit sich: Der Karibikstaat Antigua und Barbuda preist den frisch gewählten US-Präsidenten auf besondere Weise und benennt seinen höchsten Berg nach dem schwarzen Politiker. Der vormals "Boggy Peak" (etwa "sumpfiger Gipfel") genannte Vulkan solle fortan "Mount Obama" heißen, entschied Ministerpräsident W. Baldwin Spencer.

Quelle: ntv.de

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