Was wird aus Clinton? Die zweitbeste Lösung
03.06.2008, 13:32 UhrWenn in dieser Nacht die Wahllokale in South Dakota und Montana schließen, ist der Vorwahlkampf der Demokraten zu Ende. In einer Sporthalle in New York, ihrer politischen Heimat, wird Hillary Clinton ein letztes Mal ans Mikrofon treten, um ihren Wählern zu danken. Sie wird betonen, dass der Wahlkampf historisch war, dass sie erfolgreich war, dass sie mehr Wähler mobilisieren konnte als ihr Rivale und natürlich dass sie nur mit der Hilfe ihrer Anhänger so weit kommen konnte. Die Fans werden jubeln.
Und dann? Es wäre der perfekte Moment, zu sagen: "Ich danke euch. Und jetzt bitte ich euch, Senator Barack Obama zu unterstützen, den künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika."
Denn Clinton hat verloren. Nach den Wahlen in South Dakota und Montana werden Obama weniger als 30 Delegierte fehlen, um sich die Mehrheit für den Nominierungsparteitag im August endgültig zu sichern. Diese Lücke soll noch am Dienstag mit weiteren Superdelegierten geschlossen werden. "Wir versuchen, so viele wie möglich zu überzeugen, morgen ihre Entscheidung zu verkünden", sagte Obamas Wahlkampfleiter David Plouffe am Montag.
Wahlkampf am Telefon
Laut "New York Times" ist das Obama-Lager dabei, ein großes "endorsement" auf die Beine zu stellen: Mindestens acht Senatoren und Abgeordnete der Demokraten sollen sich in der Nacht zum Mittwoch öffentlich zu Obama bekennen. Obama selbst sei seit Montag "wie verrückt" damit beschäftigt, mit Superdelegierten zu sprechen, berichtet der Sender CBS.
Aber auch das Clinton-Lager hängt am Telefon. Zwei hochrangige Demokraten haben der "New York Times" verraten, dass sie versuchen, Clinton-nahe Senatoren und Abgeordnete davon zu überzeugen, frühestens am Mittwoch die Seiten zu wechseln.
Clinton wird also nicht den besten, sie wird den zweitbesten Weg wählen. Sie wird eine Abschiedsrede halten, ohne ihre Bewerbung offiziell zurückzuziehen. CNN zufolge wird sie immerhin sagen, dass sie "tun wird, was immer getan werden muss", um einen Demokraten ins Weiße Haus zu bringen.
Natürlich wird auch Barack Obama nach den Wahlen in South Dakota und Michigan vor Anhängern sprechen. Er wird nicht in New York sein, auch nicht in South Dakota, Michigan oder seinem Heimatstaat Illinois. Er spricht in St. Paul im Bundesstaat Minnesota. Eine interessante Wahl. In genau der Halle, in der die Republikaner Anfang September John McCain offiziell zu ihrem Kandidaten wählen werden, wird Barack Obama die jüngsten Zuläufe von Superdelegierten präsentieren und den Sieg verkünden - ohne Clinton zu demütigen.
Am Wochenende hätte Clinton Zeit
Im Laufe der Woche dürfte es ein Treffen von Clinton und Obama geben; die "New York Times" weist bereits darauf hin, dass Clinton am Wochenende in Washington ist und keine offiziellen Termine hat. Zu besprechen gibt es einiges; Clintons Schulden in Höhe von rund 20 Millionen Dollar gehören da noch zu den unwichtigeren Punkten.
Klar ist, dass Obama Clinton in seinen Wahlkampf einbinden muss. Aber wie? Es gibt ein Thema, in dem er seiner Konkurrentin eindeutig unterlegen ist: die Gesundheitspolitik. Sein Konzept einer allgemeinen Krankenversicherung ist eng an Clintons Pläne angelehnt. Für Obama wäre es zweifellos die eleganteste Lösung, Clinton zur Beauftragten für eine große Gesundheitsreform zu machen - der Titel einer Gesundheitsministerin wäre im politischen System der USA zu wenig für eine Hillary Clinton.
Obama hätte gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Er hätte eine Rivalin eingebunden und zugleich eine kompetente Expertin gewonnen, die erfahren genug ist und die Fähigkeiten hat, dieses drängende Problem endlich zu lösen. Sollte sie dennoch scheitern, könnte er ihr die Schuld geben.
Doch auch hier sieht es nach der zweitbesten Lösung aus. Berichten zufolge geht das Obama-Lager davon aus, dass Clinton nun doch Obamas Vize werden möchte - eine Konstellation, die ursprünglich allgemein für sehr unwahrscheinlich gehalten wurde. Glücklich scheint Obama mit Clintons Ansprüchen nicht zu sein. "Obama hat eine philosophische Abneigung dagegen, Versprechen zu machen und den laufenden Prozess vorwegzunehmen, nur damit Clinton ihr Interesse befriedigen kann", zitiert CNN einen "Obama-Insider". Die Frage ist, ob Obama noch die Wahl hat.
Quelle: ntv.de