Neue Lockerbie-Version Drahtzieher Abu Nidal
23.08.2002, 09:30 UhrDer in Bagdad tot aufgefundene Terroristenführer Abu Nidal soll Drahtzieher des Bombenanschlags von Lockerbie gewesen sein. Das sagte ein ehemaliger Vertrauter Nidals, Atef Abu Bakr, in der arabischen Zeitung "El Hajat". Bei dem Anschlag auf einen amerikansichen Pan-Am-Jumbo wurden im Dezember 1988 über der schottischen Ortschaft Lockerbie 270 Menschen getötet.
Abu Nidal habe nach Angaben Abu Bakrs die Urheberschaft fünf Führungsmitgliedern seiner Gruppe Fatah-Revolutionärer Rat mitgeteilt. "Berichte, die Lockerbie anderen zuschreiben, sind gelogen. Wir stecken dahinter."
Der 56-jährige Abu Bakr gehörte von 1985 bis 1989 zu den engsten Mitarbeitern des Topterroristen. Die Freigabe des Interviews in der Zeitung erfolgte nach der Nachricht vom Tode Abu Nidals. Der habe die Fatah-Führungsmitglieder zu Stillschweigen verpflichtet. Verrätern habe er gedroht, sie umzubringen. Abu Bakr sagte nicht, wo und wann das Treffen mit Abu Nidal stattgefunden haben soll.
1989 befand sich Abu Nidals Gruppe in einen blutigen Machtkampf um die künftige Richtung. Rund 200 Mitglieder wurden damals getötet. Hunderte flohen aus Libyen, wo die Gruppe ihr Hauptquartier hatte. Abu Bakr sagte, Abu Nidal habe die Gastfreundschaft Libyens missbraucht, in dem er seine eigenen Anhänger umgebracht und libysche Regierungsmitglieder ausspioniert habe.
Nach den Anschlägen hatte das US-Außenministerium damals berichtet, ein anonymer Anrufer habe die US-Botschaft in Helsinki vor dem Anschlag auf das Pan-Am-Flugzeug gewarnt. Der Anrufer habe sich als Mitglied der Gruppe Abu Nidals zu erkennen gegeben.
In diesem März wurde von einem schottischen Berufungsgericht das Urteil gegen den ehemaligen libyschen Geheimdienstagenten Abdel Basset Ali el Megrahi wegen 270-fachen Mordes bestätigt. El Megrahi wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein Mitangeklagter wurde freigesprochen.
Abu Nidal beging Selbstmord
Nach offizieller irakischer Lesart beging Abu Nidal Selbstmord. Er habe sich in den Mund geschossen und sei acht Stunden später seinen Verletzungen erlegen, erklärte am Mittwoch der irakische Geheimdienstchef Tahir Dschalil Habusch. Abu Nidal sei illegal von Iran und mit einem falschen jemenitischen Pass nach Irak eingereist.
Abu Nidal gehörte zeitweise zu den weltweit meistgesuchten Terroristen. Mitte der 70er Jahre hatte er sich von der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) Jassir Arafats losgesagt, weil sie den Kampf gegen Israel nicht mehr entschieden genug führe. Seitdem verübte seine Gruppe auch Anschläge auf führende PLO-Mitglieder. Der Organisation werden seit 1973 Anschläge zur Last gelegt, bei denen in 20 Ländern 300 Menschen getötet und 650 verwundet wurden.
Quelle: ntv.de