Politik

Frenz, Holtmann, Brandt Drei V-Leute im NPD-Verbotsverfahren

Zwei Wochen lang blühten die Spekulationen um die Anzahl der V-Leute in den NPD-Verbotsanträgen. Oppositionspolitiker gingen von vier Spitzeln aus, in Zeitungsberichten war von sieben die Rede. Am Montag legte sich das Bundesinnenministerium nun erstmals auf eine Zahl fest. Nach den Erkenntnissen der 17 Verfassungsschutzämter seien drei Spitzel als Beweis für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD in den Verbotsanträgen von Regierung, Bundestag und Bundesrat zitiert: Wolfgang Frenz, Udo Holtmann und Tino Brandt. Über weitere Fälle gebe es keine Erkenntnisse.

NPD-Mitbegründer Wolfgang Frenz

Die Enttarnung des früheren NPD-Funktionärs Frenz hatte die V-Mann-Affäre ausgelöst. Weil das Bundesverfassungsgericht sich unzureichend über dessen langjährige Tätigkeit für den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz informiert fühlte, stoppte es am 22. Januar das Verfahren. Der 66-jährige Solinger Heilpraktiker Frenz war 1964 ein Mitbegründer der NPD und hatte bis Ende der 90er Jahre hochrangige Parteiämter auf Landes- und Bundesebene inne.

Nach eigenen Angaben hatte er in den 70er und 80er Jahren besonders intensive Kontakte zu den Verfassungsschützern. Er sei als V-Mann ausgewählt worden, weil "ich als Gründungsmitglied die intimsten und längsten Kenntnisse in der NPD hatte", sagte Frenz in einem ARD-Interview. Für seine Spitzeltätigkeit habe er monatlich umgerechnet zwischen 300 und 400 Euro kassiert, die er versteuert und der NPD gespendet habe. 1995 wurde Frenz als V-Mann "abgeschaltet". Er ist der einzige der drei V-Leute, der auf der Zeugenliste für das NPD-Verbotsverfahren steht.

Früherer NPD-Landeschef Wolfgang Holtmann

Bereits vor eineinhalb Woche verlautete nach einer Sitzung des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags, dass Holtmann Verbindungsmann des Bundesamtes für Verfassungsschutz war. Übereinstimmenden Zeitungsberichten zufolge soll er 1978 mit Wissen der NPD-Führung angeworben worden sein. Der damalige Parteivorsitzende Martin Mußgnug habe ihm über einen Anwalt die Genehmigung dafür erteilt.

Nach Informationen des "Spiegels" soll die Bundesregierung schon seit 1995 über die Spitzeltätigkeit informiert gewesen sein. Bereits zwei Jahre zuvor habe das nordrhein-westfälische Landesamt den Bundesverfassungsschutz vergeblich aufgefordert, Holtmann wegen seiner hochrangigen Funktion "abzuschalten", berichtete das Magazin. Holtmann war zuletzt im NPD-Bundesvorstand und Vorsitzender des nordrhein-westfälischen Landesverbands. Die NPD soll nach Zeitungsberichten inzwischen ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet haben.

Ex-Vizechef der NPD-Thüringen Tino Brandt

Der damalige Thüringer NPD-Vizechef Tino Brandt hatte sich bereits im Mai vergangenen Jahres nach Zeitungsberichten über seine V-Mann-Tätigkeit selbst enttarnt. Laut "Spiegel" soll er von 1994 bis weit in das Jahr 2001 hinein unter dem Decknamen "Otto" für das Erfurter Landesamt für Verfassungsschutz tätig gewesen sein. In einem ZDF-Interview sagte Brandt, er habe für seine Spitzeltätigkeit "mehr als einen fünfstelligen Betrag" erhalten, den er vollständig für Neonazi-Propaganda verwendet habe. Die Gelder seien "mit Sicherheit in den Aufbau unserer Internet-Seite mit geflossen, die sind mit Sicherheit für Rudolf-Heß-Aktionen geflossen".

Neben seiner Funktion bei der NPD soll Brandt führender Kader des "Thüringer Heimatschutzes", einer militanten "freien Kameradschaft", gewesen sein. In einem der Verbotsanträge soll er daher Zeitungsberichten zufolge als Beleg für die personelle Verknüpfung der Partei mit Neonazi-Gruppen genannt sein.

In der öffentlichen Diskussion über das NPD-Verbotsverfahren spielte Brandt trotz seiner frühzeitigen Enttarnung bisher kaum eine Rolle. Nach Angaben aus dem Bundestags-Innenausschuss wird er vom Innenministerium nicht als Problemfall gesehen, da seine V-Mann-Tätigkeit bereits vor der Eröffnung des Verbotsverfahrens im Oktober 2001 bekannt war.

(Von AP-Korrespondent Michael Fischer)

Quelle: ntv.de

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