Politik

Nahost-Quartett berät in London Druck auf Israel erhöht

Das Nahost-Quartett hat den Druck auf Israel erhöht. Nach Beratungen in London forderte die Gruppe die Regierung in Jerusalem auf, den Friedensprozess nicht länger durch den Ausbau von Siedlungen in Palästinensergebieten zu gefährden.

Zugleich appellierten Außenminister und andere hohe Repräsentanten der USA, Russlands, der Europäischen Union sowie der Vereinten Nationen an Israel und die Palästinenser, ihre Verhandlungen fortzusetzen und alle Angriffe einzustellen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier rief die internationale Gemeinschaft zur Unterstützung der Palästinenserbehörde bei der Stabilisierung der Polizei und der Justiz in ihren Gebieten auf.

Der palästinensische Ministerpräsident Salam Fajjad hat unterdessen vor einem Scheitern des Nahost-Friedensprozesses gewarnt, falls Israel bei den Verhandlungen nicht mehr Entgegenkommen zeigt. "Israel hat keine seiner Verpflichtungen aus der Road Map erfüllt", sagte er nach einem Treffen mit der israelischen Außenministerin Zipi Livni in London. Vor allem warf er der israelischen Regierung vor, nicht wie zugesagt den Ausbau von jüdischen Siedlungen im Westjordanland eingefroren zu haben.

Barak bleibt pessimistisch

Israels Verteidigungsminister Ehud Barak äußerte sich derweil pessimistisch über die Aussichten für eine Waffenruhe im Gazastreifen. "Ich glaube nicht, dass es möglich sein wird, eine Lösung ohne Anwendung von Gewalt zu erreichen", sagte Barak der israelischen Tageszeitung "Jediot Achronot". Es sei durchaus möglich, dass die Lage weiter eskaliere und Israel in den Gazastreifen zurückkehren müsse.

Die Mitglieder des Nahost-Quartetts seien "zutiefst beunruhigt" über den Ausbau israelischer Siedlungen im Westjordanland, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im Namen der Teilnehmer. Alle dort seit März 2001 entstandenen Siedlungen müssten aufgelöst werden. Zugleich betonten die Quartett-Mitglieder ihre Sorge über die humanitäre Lage im Gazastreifen.

Die Diplomaten konnten keine wesentlichen Fortschritte bekanntgeben. Der Beauftragte des Nahost-Quartetts, Tony Blair, und US-Außenministerin Condoleezza Rice sprachen jedoch davon, dass es hinter den Kulissen intensive Bemühungen gebe, die sich im Laufe des Jahres als nützlich erweisen könnten.

Arabische Hilfe für Palästinenser

US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte Reportern, sie hoffe weiterhin, dass noch 2008 eine Vereinbarung zur Schaffung eines Palästinenserstaates erreicht werden kann. Sie warnte Israel, es gebe keine Garantie dafür, dass neue Siedlungshäuser auf palästinensischem Gebiet nach einer endgültigen Lösung für den Nahost-Konflikt noch unter israelischer Kontrolle stehen würden. Zugleich rief sie arabische Staaten auf, Versprechen zur finanziellen Unterstützung der Palästinenserbehörde einzulösen.

Rice forderte die beiden Konfliktparteien auf, sich schnell auf einen endgültigen Grenzverlauf im Westjordanland zu einigen. Dies sei "wohl das Beste, was wir tun können", sagte sie vor ihren Gesprächen am Wochenende im Nahen Osten. Mit der Festlegung einer endgültigen Grenze werde die Diskussion über die Ausweitung jüdischer Siedlungen auf strittigem Gebiet beendet.

"Fenster nicht für immer geöffnet"

Sie drängte beiden Seiten zu raschen Fortschritten bei den Verhandlungen. "Ich glaube, das Fenster für die Zweistaatenlösung ist nicht für immer geöffnet." Israel sei dafür verantwortlich, den Palästinensern zu zeigen, dass sich Gespräche lohnten, erklärte die Ministerin.

Steinmeier betonte die Notwendigkeit einer Stärkung der Sicherheitskräfte und des Justizapparates der Palästinenser. Er erneuerte die Einladung der Bundesrepublik zu einer internationalen Konferenz für die Unterstützung der Polizei und der Justiz der Palästinenser am 24. Juni in Berlin.

Sechsmonatige Waffenruhe

Barak bezog sich mit seiner Einschätzung auf ein von Ägypten vermitteltes Angebot, in dem zwölf militante Organisationen der Palästinenser am Mittwoch in Kairo einer befristeten Waffenruhe für sechs Monate zugestimmt hatten. Ägyptens Geheimdienstchef Omar Suleiman will die Einzelheiten in den kommenden Tagen mit der israelischen Regierung besprechen.

Ziel einer zuerst nur für den Gazastreifen geltenden Waffenruhe ist es, dass militante Palästinensergruppen nicht mehr israelische Grenzstädte beschießen und Grenzübergangspunkte angreifen. Nach israelischen Armeeangaben sind seit Jahresbeginn 1750 Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert worden. Im Gegenzug soll Israel die vollständige Blockade des Gazastreifens aufheben, die es im Januar wegen des fortwährenden Beschusses verhängt hatte.

Israelischer Forderungskatalog

Israel hatte auf die Einigung der Palästinenserorganisationen unter Führung der radikalislamischen Hamas am Donnerstag mit einem eigenen Forderungskatalog reagiert. Notwendig seien die vollständige Einstellung aller Angriffe aus dem Gazastreifen sowie die Beendigung aller Terroranschläge und des Waffenschmuggels. Vor einer Woche hatte Israel eine Waffenruhe als "nicht ernst gemeint" abgelehnt und der Hamas vorgeworfen, sie wolle die Feuerpause nur zur Beschaffung von Waffen und Neuordnung ihrer Kräfte nutzen.

Initiative von Abbas

Pal ästinenserpräsident Mahmud Abbas will unterdessen mit einer Sicherheitsoffensive im Westjordanland die Verhandlungen über einen Palästinenserstaat voranbringen. Nach Angaben palästinensischer, israelischer und westlicher Regierungsvertreter sollen 500 zu Abbas loyale Sicherheitskräfte in der Stadt Dschenin stationiert werden.

Einige der palästinensischen Kräfte wurden demnach im benachbarten Jordanien in einem von den USA finanzierten Programm ausgebildet. Mit der Initiative will Abbas seine Macht gegenüber radikalen Palästinensergruppen demonstrieren.

Dschenin war lange eine Hochburg von Extremisten und gilt auch wegen seines Flüchtlingslagers nach wie vor als instabil. Israel will sich der Umsetzung jeglichen Friedensabkommens verweigern bis zum Beweis der Palästinenser, dass diese die Extremisten unter Kontrolle haben.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen