Politik

Krise verschreckt Spender Druck auf UNICEF verstärkt

Angesichts der Untreuevorwürfe gegen UNICEF Deutschland haben die Bundesregierung und die Europazentrale des UN-Kinderhilfswerks den Druck erhöht. "Wir erlauben nicht das geringste Fehlverhalten, wir haben null Toleranz", sagte UNICEF-Sprecherin Veronique Taveau in Genf.

Der umstrittene Geschäftsführer Dietrich Garlichs, gegen den wegen des Anfangsverdachts der Untreue ermittelt wird, gab erstmals Fehler zu. "Es gibt auf betrieblicher Ebene, was unsere selbst auferlegten Regeln angeht, Schlampereien. Das sind Schlampereien, die wir abstellen müssen. Diese Kritik nehme ich gern an", sagte er der Zeitung "Die Welt". Es habe aber keine rechtlichen Verstöße gegeben.

Pressekonferenz angekündigt

Der Vorstand der deutschen Sektion will an diesem Mittwoch in Berlin bei einer Pressekonferenz Stellung nehmen. Unterdessen laufen UNICEF die Spender weg. In den vergangenen Wochen hätten sich 5000 Dauerspender von UNICEF getrennt, bestätigte ein Sprecher in Köln. Im Dezember seien die Einnahmen um 3,5 Millionen Euro hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

Die deutsche UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen forderte "transparente Strukturen und bessere Kontrollen" ein. Sie sagte "bild.de", es sei traurig anzusehen, "wie sehr die Vorwürfe eine vertrauensvolle Arbeit von Jahrzehnten beschädigen". Ein Rückzug von ihrem Amt lehnte sie ab.

Honorare für Berater

Garlichs werden zu großzügige Honorare für externe Berater vorgeworfen. "Heute weiß ich, dass die Beauftragung eines Beraters nicht von der Organisation mitgetragen wird", sagte er der "Welt". "Es war ein schwerer psychologischer Fehler. Das habe ich falsch eingeschätzt." Kritik äußerte er an der zurückgetretenen Vorsitzenden Heide Simonis. Sie habe die Vorwürfe schon lange gekannt, aber erst Monate später nach Medienberichten plötzlich Klärungsbedarf gesehen. "Es ist zumindest widersprüchlich, wenn Frau Simonis nun Kritik äußert", sagte Garlichs.

Der neue UNICEF-Vorsitzende Reinhard Schlagintweit schrieb in einem Brief an die UNICEF-Arbeitsgruppen, die Honorare seien angemessen gewesen und hätten der Organisation letzten Endes höhere Ausgaben erspart. "Die letzten zweieinhalb Monate waren ein Alptraum", ergänzte er. "Man hatte das Gefühl, es mit ungreifbaren, düsteren Kräften zu tun zu haben."

Spendensiegel wird überprüft

Im schlimmsten Fall könnte UNICEF das Spendensiegel entzogen werden. Das Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das diese Auszeichnung für Seriosität vergibt, um den Spendenmarkt transparent zu gestalten, überprüft UNICEF zurzeit. "Wir wollen uns vergewissern, ob sich mit den jüngsten Entwicklungen neue Erkenntnisse zur Vergabe des Siegels ergeben", sagte der DZI-Vorsitzende Burkhard Wilke. Das Verfahren sei noch völlig offen.

Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg sagte in Berlin, der besondere Ruf als Hilfsorganisation dürfe keinen Schaden nehmen: "Für all die Projekte, die UNICEF leistet und wofür es viele Spenden gibt und nachhaltige Unterstützung, ist es wichtig, dass dieser Ruf untadelig und unbeschädigt ist." Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe die Diskussion "sehr genau verfolgt".

Die Sprecherin der UNICEF-Regionalzentrale in Genf, Taveau, sagte: "Wenn unsere Reputation wie auch immer beschädigt wird, ist das problematisch." Es sei deshalb absolut notwendig, die ganze Krise so schnell wie möglich zu lösen. "Ich denke, dass das auch geschieht." Bisher gebe es keine Beweise für den Missbrauch von Spendengeldern.

UNICEF-Repräsentant und ZDF-Moderator Steffen Seibert forderte, die Organisation solle künftig transparenter darlegen, wie das Geld zum Wohle der Kinder ausgegeben werde. "Es gab Verfahrensweisen, die nicht professionell sind in einer Organisation dieser Größe. Diese Dinge stehen im Raum und müssen dringend geklärt werden", sagte er in Berlin. Die Vorwürfe wegen "Bereicherung, dunklen Kassen, dubiosen Zahlungen oder Verschwendungen" seien aber unberechtigt.

Bei der Pressekonferenz in Berlin will UNICEF nach eigenen Angaben "die Blicke nach vorne richten". Teilnehmen sollen unter anderem Vorstandsmitglied Rolf Seelmann-Eggebert und UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen.

Quelle: ntv.de

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