Vor dem 11. September Dschihad in Deutschland
05.09.2007, 07:03 UhrMit einem der größten Polizei-Einsätze in der Geschichte der Bundesrepublik haben die Sicherheitsbehörden verheerende Bombenanschläge in Deutschland verhindert. Kurz vor dem Jahrestag der Anschläge vom 11. September wurden drei Terrorverdächtige im Sauerland festgenommen. Bei ihnen handelt es sich den Behörden zufolge um zwei zum Islam konvertierte Deutsche und einen Türken im Alter zwischen 21 und 28 Jahren. Die Männer planten den Ermittlungen zufolge massive Anschläge auf US-Einrichtungen.
Schwere Anschläge geplant
Gegen die Verdächtigen aus Ulm, Langen in Südhessen und dem Saarland wurde Haftbefehl erlassen. Generalbundesanwältin Monika Harms sprach in Karlsruhe von einer der bisher schwerwiegendsten Terrorplanungen in Deutschland. Wie aus dem US-Außenministerium verlautete, waren die Hauptanschlagsziele der Frankfurter Flughafen und die amerikanische Luftwaffenbasis Ramstein bei Kaiserslautern. Im Visier der Verdächtigen sollen auch von US-Bürgern besuchte Einrichtungen wie Discos und Gaststätten gewesen sein. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) waren gleichzeitige Anschläge mit Autobomben an mehreren Orten mit möglichst vielen Toten und Verletzten geplant.
Weitere Ermittlungen
Die Männer wurden in einem Ferienhaus in Medebach-Oberschledorn festgenommen, wo sie bereits mit dem Bombenbau begannen. Sie sollen Mitglieder der terroristischen Islamischen Dschihad-Union sein, die Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida hat. "Das leitende Motiv der Gruppe in Deutschland ist Hass gegen amerikanische Staatsbürger", sagte der BKA-Präsident Jörg Ziercke. Die Behörden ermitteln nach Angaben des saarländischen Innenministeriums noch gegen mindestens fünf weitere Verdächtige. Die Festgenommenen sollen im vergangenen Jahr in einem Lager in Pakistan ausgebildet worden sein.
Ziercke sprach von einem Polizeieinsatz, der in dieser Dimension in der BKA-Geschichte noch nicht stattgefunden habe. Allein von seiner Behörde seien fast 300 Beamte über sechs Monate im Einsatz gewesen.
Sondersitzung der Innenminister
Kanzlerin Angela Merkel und US-Präsident George W. Bush reagierten mit Dank und Anerkennung. Merkel sagte, die Festnahmen zeigten, dass die terroristischen Gefahren auch in Deutschland real seien. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble regte eine Sondersitzung der Innenministerkonferenz noch in dieser Woche an, um über die Konsequenzen für die Arbeit der Sicherheitsbehörden zu beraten. Er betonte, dass die Festnahmen ohne Online-Durchsuchungen zu Stande gekommen sei. Diese Methode werde erst eingesetzt, wenn dafür die von ihm angestrebte Rechtsgrundlage geschaffen sei.
Keine Panik
Schäuble hat angesichts der Ereignisse vor Panik gewarnt. "Ich glaube nicht, dass wir im Augenblick eine real erhöhte Gefährdung haben", sagte er am Abend in der ARD und fügte hinzu: "Wir dürfen uns auch nicht verrückt machen lassen." Es gebe zwar weitere Gefährder, aber keine so konkreten Hinweise wie jetzt im Fall der drei Verhafteten.
Der Bundesinnenminister kündigte zudem an, bereits die Ausbildung in Terroristenlagern unter Strafe zu stellen. In der Koalition sei vereinbart worden, dass das Bundesjustizministerium einen solchen Straftatbestand prüfe. Es sei unbefriedigend, wenn die Behörden wüssten, dass jemand in einem solchen Camp war, diese Person aber nach ihrer Rückkehr nach Deutschland nur beobachtet werden könne, was sehr viele Kräfte binde.
Schlimmer als Madrid und London
Der Sprengstoff hätte den Angaben zufolge die Wirkung von 550 Kilogramm TNT gehabt. "Diese Menge hätte ausgereicht, um Sprengsätze mit einer höheren Sprengkraft als bei den Anschlägen in Madrid und London zu konstruieren", sagte Ziercke. Den Behörden gelang es aber nach eigenen Angaben, heimlich das Wasserstoffperoxid mit einer niedriger konzentrierten Lösung auszutauschen. Bürger seien daher zu keiner Zeit gefährdet gewesen.
Panne bei Festnahme
Bei der Festnahme in Medebach-Oberschledorn gab es offenbar eine Panne: Einer der Männer habe einem BKA-Beamten seine Waffe aus dem Holster ziehen können, sagte Ziercke. Aus der Waffe habe sich ein Schuss gelöst. Der Verdächtige und der Polizist seien leicht verletzt worden. Die behörden untersuchen den Vorfall.
Quelle: ntv.de