Politik

Clinton bremst Obama Duell geht weiter

Mit dem Rücken zur Wand hat eine verzweifelt kämpfende Hillary Clinton das drohende Ende ihrer politischen Träume verhindert. "Wir machen weiter, wir sind stark, und wir gehen die gesamte Strecke", beteuerte die Senatorin nach ihrem Sieg bei der Vorwahl in Ohio. Erneut hat sie sich weder von Wahlpleiten noch skeptischen Kommentaren entmutigen lassen. Nach ihrem guten Abschneiden bei den Vorwahlen muss sie die Hoffnung auf den erneuten Einzug ins Weiße Haus - diesmal nicht als First Lady, sondern als erste Präsidentin der US-Geschichte - nicht begraben.

Aber auch der andere Traum, der vom ersten schwarzen Präsidenten im Weißen Haus, platzte an diesem langen Wahlabend nicht. Dennoch war einem sichtlich angespannten Barack Obama die Enttäuschung anzumerken. "Wir werden die Nominierung gewinnen", sagte er trotzig. "Wir wollen Wandel in Amerika." Seine Wahlkampfmanager verwiesen immer wieder darauf, dass der Senator aus Illinois nach wie vor die meisten Delegiertenstimmen für den Parteitag hat. Obama bleibt Favorit, aber Clinton gibt noch lange nicht auf - und sie scheint plötzlich im Aufwind.

Vermutlich wird die Senatorin aus New York nicht zum ersten Mal in ihrem Leben ihren Mann im Stillen verflucht haben: Hatte er doch vor kurzem als Zielvorgabe Siege in Texas und Ohio genannt, damit sie noch Chancen auf den Kampf um das Weiße Haus habe. Nun erwies sich die gesetzte Hürde fast als zu hoch - in Ohio konnte sie gewinnen, aber der Ausgang in Texas war bis in die frühen Morgenstunden noch unklar. Aber Hillary hatte selbst bei Niederlagen nicht die Absicht, das Handtuch zu werfen. "Ich laufe mich erst warm", sagte sie trotzig. Demokratische Parteifreunde wie Gouverneur Bill Richardson oder Howard Dean fürchten allerdings, dass das erbitterte Duell zwischen Clinton und Obama die Partei zerreißen könnte und damit die Chancen auf die Eroberung des Weißen Hauses gefährden könnte.

Clinton ließ nichts unversucht

Doch nach den Erfolgen von Ohio und Texas will die 60 Jahre alte Juristin von Parteitaktik erst recht nichts wissen. Von vielen schon abgeschrieben, hatte sie nichts unversucht gelassen, das Ruder rumzureißen. Sie betonte immer wieder, dass sie eine "Kämpferin" sei, die niemals für "die gerechte Sache" locker lasse - und sie bewies es beeindruckend.

Sie ließ nichts aus, um aus dem Umfragetief herauszukommen. Sie stellte sich sogar dem scharfzüngigen Comedy-Star Jon Stewart, der sie prompt provozierend fragte, ob sie "vor dem vielleicht wichtigsten Tag ihres Lebens nicht besseres zu tun hat, als in meiner Sendung aufzutreten". Breit lächelnd und mit bitterer Selbstironie antwortete Hillary: "Ja, es ist schon erbärmlich."

Es war das deutlichste Zeichen ihres verzweifelten Versuchs, sich dem scheinbar unaufhaltsamen Siegeszug Obamas entgegenzustemmen. Auf ihren Wahlveranstaltungen wetterte sie aggressiv wie nie zuvor gegen das charismatische Image ihres Konkurrenten: Sie prangerte hohle Reden und wolkige Versprechungen an, stellte "Reden" gegen "Lösungen". Sie lobte sich als erfahrene, kompetente Streiterin für Benachteiligte und Schwache in extrem schwierigen und gefährlichen Zeiten. Zudem habe sie sich erfolgreich als "Opfer männlich dominierter Medien" dargestellt, wie Publizist Roger Simon schrieb, als "ein Opfer, das kämpft".

und konnte das Ruder herum reißen

In TV-Werbespots machte sie den Wählern Angst vor dem Moment, wenn im Weißen Haus das rote Telefon klingelt und jemand ohne Erfahrung eine Weltkrise meistern müsse. "Stimm für mich oder stirb", sei das Prinzip solcher Propaganda, mit der zuletzt US-Präsident George W. Bush im Wahlkampf 2004 gepunktet habe, schrieb Simon. Clinton habe suggeriert, dass nur sie die US-Bürger und ihre Kinder vor den Übeln und Schrecken dieser Welt wirklich schützen könne - und nicht ihr unerfahrener, junger Rivale.

Clinton mobilisierte Anhänger und Freunde. Hollywood-Star Jack Nicholson wurde für einen Werbespot gewonnen. Die Senatorin durfte in der populären Comedy-Sendung "Saturday Night Live" auftreten, in der ausgiebig über die angeblich unkritische Euphorie und blinde Begeisterung in den Medien über Obama gelästert wurde. Schließlich spielte sie sogar die feministische Karte. Ja, sie wisse, dass sie vielen Amerikanerinnen derzeit leidtue, sagte sie in einem Interview des Senders ABC. "Ich denke, viele Frauen projizieren ihre eigenen Gefühle auf mich." Und unzählige Male höre sie von Frauen "Gib nicht auf! Gib nicht auf!". Sie hat es nicht getan - und hat zumindest erst einmal Zeit gewonnen.

Von Laszlo Trankovits, dpa

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen