Politik

Da lacht der Präsident Duma für längere Amtszeit

Mit der Amtszeitverlängerung für den russischen Präsidenten von vier auf sechs Jahre läuft vorerst alles wie am Schnürchen in der Staatsduma. Zwar weilte das Moskauer Führungsduo - Präsident Dmitri Medwedew und Regierungschef Wladimir Putin - im Ausland. Doch die Abgeordneten winkten die erste Verfassungsänderung seit Erlass des Grundgesetzes vor 15 Jahren in Windeseile durch. Gerade neun Tage vergingen von Medwedews Ankündigung der "Korrektur" bis zu ihrer Umsetzung.

Es war zwar nur die erste von drei Lesungen, doch dem Inkrafttreten einer geänderten Verfassung steht im Grunde nichts mehr im Wege. Nur die Kommunisten in der Duma und die außerparlamentarische Opposition sowie Menschenrechtler kritisieren die Entscheidung.

Kreml-Astrologen rätseln

Seit Medwedew in seiner Rede an die Nation am 5. November den Vorstoß machte, hat die Kreml-Astrologie wieder Konjunktur. Stellt damit der "nationale Führer" Putin die Weichen für seine Zukunft? Tritt Medwedew vorzeitig ab, um seinem populäreren Ziehvater die Rückkehr in den Kreml zu ermöglichen? Dieses Szenario findet mehr und mehr Anhänger, doch letztlich waren Putins Schritte immer unberechenbar. Parlamentschef Boris Gryslow beeilte sich zu betonen, die "Korrektur" provoziere keinesfalls eine vorgezogene Wahl. "Alle, die gewählt sind, sollten die ganze Amtszeit bleiben", sagte Gryslow.

Medwedew wies Rücktrittsgedanken zurück. "Das ist doch eine sehr interessante Arbeit." Warum werde er so gedrängt?, fragte Medwedew die Journalisten der Pariser Zeitung "Le Figaro". Der zufriedene Kremlchef beschloss auf dem Gipfel in Nizza mit dem französischen EU-Ratspräsidenten Nicolas Sarkozy die Wiederaufnahme der Verhandlungen für ein neues EU-Partnerschaftsabkommen mit Russland. Putin, der mit 56 Jahren im besten Alter ist, nannte die Debatte um die Kreml-Nachfolge "verfrüht". Nach außen hin wirkt das Tandem bisher durchaus harmonisch.

Die Russen verbinden mit Putins zwei Amtszeiten, die nach acht Jahren im Mai endeten, wachsenden Wohlstand. Seit Medwedew jedoch an der Macht ist, hat das Land immerhin einen Krieg mit Georgien im Südkaukasus hinter sich und muss infolge der globalen Finanzkrise mit den schwersten Wirtschaftsproblemen seit den chaotischen 1990er Jahren fertigwerden.

Putin als Retter in der Krise?

Beobachter erwarten, dass Putin frühestens dann zurückkehren könnte, wenn er sich auch als "Retter" in der Krise geben kann. Ausgeschlossen hat er seine Rückkehr nicht. Die von der Duma nun begonnene Verfassungsänderung würde es ihm ermöglichen, bei zwei Amtszeiten in Folge künftig noch einmal zwölf Jahre zu regieren. Medwedew und Putin begründeten die "Korrektur" damit, angeschobene Reformen mit mehr Zeit besser umsetzen zu können. Es gilt als sicher, dass nach der Duma auch der Föderationsrat und die Regionalparlamente der Änderung zustimmen. Immerhin hat die von Putin geführte Kremlpartei Geeintes Russland in allen Gremien jeweils eine solide Mehrheit.

Die Bevölkerung, die bisher im Vier-Jahres-Turnus über die Kremlpolitik abstimmen konnte, nahm die Verfassungsänderung zunächst kaum zur Kenntnis. In der Duma lehnten nur die 58 Kommunisten die Initiative ab. "Warum diese Hast?", fragten sie. In Zeiten der Finanzkrise gebe es doch dringendere Probleme im Land. Der Oppositionspolitiker Sergej Mitrochin von der Partei Jabloko kritisierte, dass das Tandem Putin-Medwedew den langfristigen Machterhalt nach Vorbild zentralasiatischer Diktaturen plane.

Experten vermuten seit langem, dass Putin mit seiner Rolle des untergeordneten Regierungschefs zunehmend unzufrieden ist und selbst wieder das Amt mit der größten Machtfülle beansprucht. Sollte Medwedew aus welchem Grund auch immer zurücktreten, würde Putin als Regierungschef automatisch Interimspräsident. "Dann würde diese Maskerade beendet", meint der Moskauer Politologe Pawel Felgenhauer. Putin halte bis heute die Zügel der Macht fest in der Hand. Dann werde auch dem Westen klar, sagt Felgenhauer, dass in "einem zunehmend autoritär regierten Russland" nichts ohne Putin gehe.

Ulf Mauder, dpa

Quelle: ntv.de

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