Politik

Merkels Millimeter-Kampf EU-Gipfel verschiebt Reformverträge

Angela Merkel im Gespräch mit ihren Kollegen Enrico Letta (Italien/rechts) und Jyrki Katainen (Finnland).

Angela Merkel im Gespräch mit ihren Kollegen Enrico Letta (Italien/rechts) und Jyrki Katainen (Finnland).

(Foto: AP)

Die Euro-Krise macht Pause. Und da können die EU-Staatenlenker beim Gipfel lange über andere Themen sprechen. Streit gibt es bei den von Bundeskanzlerin Merkel unterstützten Reformverträgen. Das Vorhaben wird deshalb auf die lange Bank geschoben.

Die EU-Staaten wollen erst im Oktober 2014 über verbindliche Reformverträge für ihre Wirtschafts- und Bildungspolitik entscheiden. Bundeskanzlerin Angela Merkel teilte nach Abschluss der Beratungen des ersten Gipfeltages in Brüssel in der Nacht mit, man habe die eigentlich für Juni kommenden Jahres angestrebte Entscheidung mit Blick auf die komplizierten Fragen und die Europawahl vertagt. Allerdings sei man bei den Beratungen ein erhebliches Stück vorangekommen.

Mit den "Partnerschaftsverträgen" mit der EU-Kommission sollen sich zumindest die Euro-Staaten verpflichten, bestimmte Reformen für die Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit voranzutreiben. Dazu soll es auch ein finanzielles Anreizsystem geben. Merkel sagte, sie selbst habe sogar eine Verschiebung auf Dezember 2014 vorgeschlagen. Sowohl EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso als auch  EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hätten aber darauf gedrungen, dass die Beschlüsse noch in ihrer Amtszeit fielen.

Merkel räumte ein, man komme nur "Millimeter für Millimeter" voran. Die gemeinsame Verständigung auf Reformen etwa in der Wirtschafts-, Forschungs- oder Bildungspolitik sei aber entscheidend für die Stabilität der Eurozone. Sie widersprach einigen EU-Regierungen, die kein Geld für diese Reformen in Partnerländern zahlen wollten: Man müsse im Zweifelsfall am Ende viel mehr Geld ausgeben, wenn diese Euroländer ohne Reformen später in Schieflage gerieten. Allerdings betonte Merkel, dass es finanzielle Anreize nur für substanzielle Reformen gebe. "Wenn es keine Reformen gibt, muss ich auch nichts hergeben", sagte sie.

Hollande wird ausgebremst

Die Staats- und Regierungschefs beschlossen eine engere Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Frankreichs Staatspräsident François Hollande scheiterte jedoch mit dem Vorstoß, europäische Partner für seine teuren Kriegseinsätze in Afrika mit bezahlen zu lassen.

Zu Frankreichs Geld-Forderungen beschlossen die Staatenlenker lediglich die allgemeine Formel, die Finanzierung von EU-Militäraktionen "rasch zu überprüfen". Über den von Hollande angeregten gemeinsamen Fonds für Militäreinsätze einzelner Staaten war in der Abschlusserklärung nichts zu lesen.

Auf Drängen des britischen Premierministers David Cameron verständigte sich die Gipfelrunde darauf, dass die gemeinsame Verteidigungspolitik der EU in enger Partnerschaft mit der Nato funktionieren müsse. Cameron hatte zuvor erklärt, die EU brauche keine eigenen militärischen Fähigkeiten. Cameron kämpft auf der Insel gegen europafeindliche Strömungen - die Kritiker wollen möglichst wenige Kompetenzen nach Brüssel abgeben.

Der als Gast geladene Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte: "Es geht nicht darum, eine europäische Armee zu schaffen." Weder die EU noch die Nato verfüge über eigene militärische Fähigkeiten - diese sind fast immer Eigentum der Mitgliedstaaten. Der Däne wollte laut Diplomaten damit auch Cameron den Wind aus den Segeln nehmen. "Ich sehe keinen Widerspruch zwischen einer stärkeren Verteidigung in Europa und einer starken Nato." Wenn EU-Staaten in die Verteidigung investierten, "dann wird auch ihr Beitrag zur Nato stärker", so Rasmussen.

Quelle: ntv.de, wne/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen