Protest gegen Ukraine EU-Kommission boykottiert EM
03.05.2012, 17:12 Uhr
EM-Boykott: EU-Kommissionspräsident Barroso bringt die Kommissare hinter sich.
(Foto: REUTERS)
Schon länger rufen westliche Politiker zum Boykott der Fußball-EM in der Ukraine auf. Jetzt teilen die EU-Kommissare mit, dass sie aus Protest gegen die Behandlung der inhaftierten Timoschenko dem Turnier fernbleiben werden. Russland designierter Präsident Putin kritisiert das Verhalten des Westens, bietet der kranken Timoschenko gleichzeitig an, in Russland behandelt werden zu können.
Aus Protest gegen die Politik von Präsident Viktor Janukowitsch wird die gesamte EU-Kommission der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine fernbleiben. Das geht aus einer von der EU-Delegation in der ukrainischen Hauptstadt Kiew veröffentlichten Erklärung hervor. Die Führung in Kiew steht wegen ihres Umgangs mit der inhaftierten Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko massiv in der Kritik.
"EU-Kommissionspräsident Barroso hat nicht die Absicht, in die Ukraine zu reisen oder an den Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Euro-2012 teilzunehmen", hieß es in der auf der Facebook-Seite der EU-Vertretung veröffentlichten Erklärung. "Diese Haltung wird von allen EU-Kommissaren geteilt." Barroso selbst hatte bereits zuvor angekündigt, dass er nicht in die Ukraine reisen werde.
Aus Protest gegen den Umgang der ukrainischen Behörden mit Timoschenko , die in wenigen Wochen gemeinsam mit Polen Gastgeberland ist. Dazu gehört der polnische Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski. Der Druck auf das Nachbarland müsse verstärkt werden, schrieb Kaczynski in einem Beitrag für die polnische Nachrichtenagentur PAP.
Regierungschef Tusk hält Boykott für ungeeignet
Der liberalkonservative Regierungschef Donald Tusk dagegen hält einen Boykott für ungeeignet. "Wir finden andere Möglichkeiten, Druck auszuüben, damit die Angelegenheit Timoschenko auf humanitäre Weise gelöst wird", sagte der als Fußballfan bekannte Tusk. Er warnte vor einem "Eigentor" bei einem Boykott der von Polen mit ausgerichteten EM.
Das Vorgehen der ukrainischen Führung gegen die Opposition, vor allem gegen die inhaftierte ehemalige Regierungschefin Timoschenko, erfordere eine harte Haltung auch der polnischen Politiker, betonte dagegen Kaczynski. "Auch die polnische Regierung sollte mit dem Boykott des ukrainischen Teils der EM drohen", forderte Kaczynski. Seine Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) begrüße die bisherigen Boykottforderungen westlicher Politiker.
Der polnische Staatspräsident Bronislaw Komorowski hatte bereits am Mittwochabend in einem Fernsehinterview einen EM-Boykott der Ukraine als unangemessene Reaktion bezeichnet. Er warnte davor, dass eine Isolation des Landes die Westintegration der Ukraine gefährde.
Putin bietet Timoschenko Behandlung an
Die an Bandscheibenproblemen leidende Timoschenko verbüßt in der Ukraine eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs. Die ehemalige Regierungschefin protestiert seit dem 20. April mit einem Hungerstreik gegen ihre Haftbedingungen. Sie wirft Präsident Janukowitsch vor, die Prozesse gegen sie seien ausschließlich politisch motiviert.
Der designierte russische Präsident Wladimir Putin hat sich unterdessen für eine Behandlung Timoschenkos in Russland ausgesprochen. Moskau übernehme die erkrankte Oppositionsführerin "gerne", falls sie selbst dies wünsche und die Führung in Kiew zustimme, sagte Putin nach Angaben der Agentur Interfax in Moskau. Er kritisierte erneut die Verurteilung von Timoschenko zu sieben Jahren Haft wegen eines angeblichen fehlerhaften Gasvertrags. Das Abkommen sei rechtens, betonte Putin. Er kritisierte westliche Politiker für ihren Boykott der Fußball-Europameisterschaft.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa