Politik

Kritik an Italiens Flüchtlingspolitik EU-Staaten streiten über Visa

Europa streitet weiter über den Umgang mit Flüchtlingen aus Nordafrika: Bundesinnenminister Friedrich kritisiert auf einem Treffen mit seinen EU-Kollegen die Ankündigung Italiens, Visa an Flüchtlinge aus Tunesien zu vergeben. Derweil kommen auf der italienischen Mittelmeerinsel erneut zwei Boote mit Flüchtlingen an.

Für den Fall einer Visavergabe an Flüchtlinge droht Deutschland mit verstärkten Grenzkontrollen.

Für den Fall einer Visavergabe an Flüchtlinge droht Deutschland mit verstärkten Grenzkontrollen.

(Foto: dapd)

Mit verschärften Grenzkontrollen will Deutschland die Einwanderung nordafrikanischer Flüchtlinge eindämmen. "Wir werden situationsangepasst unsere Kontrollen verstärken", sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg. "Wir können nicht akzeptieren, dass über Italien viele Wirtschaftsflüchtlinge nach Europa kommen", sagte Friedrich.

Die Bundesregierung erwartet, dass Rom die geltenden Rechtsvorschriften beachtet. Sollten durch die Vergabe von Visa an tunesische Flüchtlinge in Italien auch mehr Flüchtlinge in Deutschland ankommen, sollen Friedrich zufolge die Kontrollen an den deutschen Grenzen verstärkt werden. Noch gebe es aber keine Änderungen, da sich die Zahl der Ankömmlinge nicht erhöht habe, sagte der Minister. Frankreich hat seine Grenzkontrollen bereits verschärft.

Vergangene Woche hatte Italien tausenden tunesischen Flüchtlingen aus "humanitären Gründen" befristete Visa zugesagt, mit denen sie im Prinzip nach Deutschland sowie alle anderen Länder des Schengen-Raums reisen könnten.

Italien setzt auf Unterstützung der EU-Länder

Italiens Innenminister Roberto Maroni forderte erneut die anderen EU-Staaten auf, sein Land in der Flüchtlingsfrage zu unterstützen. "Wir werden heute sehen, ob ein vereinigtes und solidarisches Europa existiert oder ob es sich einfach um einen geografischen Raum handelt."

Dieses Boot mit Flüchtlingen aus Nordafrika erreichte am 09. April die süditalienische Insel Lampedusa.

Dieses Boot mit Flüchtlingen aus Nordafrika erreichte am 09. April die süditalienische Insel Lampedusa.

(Foto: dpa)

Seit dem Sturz des tunesischen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali im Januar kamen bislang rund 26.000 nordafrikanische Flüchtlinge nach Italien, die meisten von ihnen Tunesier. Sie gelten anders als etwa Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Libyen als Wirtschaftsflüchtlinge und genießen dadurch keinen besonderen Schutz.

Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa kamen in der Nacht auf Montag erneut zwei Boote mit insgesamt 226 Flüchtlingen an. Auch an Maltas Küsten landeten in den vergangenen Wochen vermehrt Nordafrikaner.

Keine Visa für "Wirtschaftsflüchtlinge"

Spaniens Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba forderte, die Tunesier müssten in ihr Heimatland zurückkehren und die dortige Regierung ihre Aufnahme akzeptieren. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso will am Dienstag zu Gesprächen nach Tunesien reisen.

Ebenso wie Deutschland lehnt Österreich die Forderungen aus Rom nach mehr Hilfe sowie die Visa-Vergabe an tunesische Flüchtlinge ab. "Wir werden uns anschauen, inwiefern wir dieses Visum, das die Italiener ausstellen, auch tatsächlich anerkennen", sagte die österreichische Innenministerin Maria Fekter. Während das kleine Malta mit Unterstützung rechnen könne, habe Italien die Pflicht, die eingegangenen Verträge einzuhalten.

Deutschland hat bereits angekündigt, rund hundert Flüchtlinge aus Malta aufzunehmen. Aus Diplomatenkreisen hieß es am Montag am Rande des Treffens, auch andere EU-Staaten wollten Malta unterstützen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel kritisierte im Deutschlandfunk die Haltung der Bundesregierung: Es sei ein "seltsames Verständnis von europäischer Partnerschaft", wenn die Italiener mit den aus Nordafrika Geflüchteten allein gelassen würden. "Wir dürfen nicht das Signal setzen, Europa schließt die Tore."

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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