Russische Panzer gehen an Krim-Grenze in Stellung Lawrow: Moskau verteidigt Menschenrechte
03.03.2014, 14:00 Uhr
Der Russe Lawrow verteidigt in Genf das Vorgehen seines Landes als Kampf für die Menschenrechte.
(Foto: REUTERS)
Russlands Außenminister Lawrow bezeichnet das russische Vorgehen in der Ukraine als "Verteidigung der Menschenrechte". Dem Westen wirft er vor, aus geopolitischem Kalkül zu handeln. Derweil bereitet sich die EU auf einen Flüchtlingsstrom vor.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat den russischen Einsatz in der Ukraine als "Verteidigung der Menschenrechte" bezeichnet. Moskau denke bei seinem Engagement in erster Linie an die Rechte der russischen und ukrainischen Bürger. Der Übergangsregierung Kiew warf er bei seiner Rede vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf vor, die Menschenrechte der Russen in der Ukraine zu missachten.
Der russische Außenminister appellierte an den Westen, in der Ukraine-Krise sein geopolitisches Kalkül nicht weiter zu verfolgen. Jene Kräfte, die jetzt von einer Aggression Moskaus sprächen, hätten sich in Wirklichkeit einem echten politischen Dialog verweigert. Das Resultat sei Chaos in der Ukraine.
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Unterdessen schmieden einige EU-Länder bereits Notfallpläne für die mögliche Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine. Sollte es zu einem Migrationsstrom kommen, werde Österreich gemeinsam mit anderen osteuropäischen Ländern handeln und auf alle Fälle helfen, kündigte die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner beim Treffen mit ihren EU-Amtskollegen in Brüssel an. Die Ministerin sprach für die "Forum-Salzburg-Staaten", zu denen neben Österreich auch die ukrainischen Nachbarländer Polen, Slowakei, Rumänien und Ungarn gehören.
Nach Ansicht von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat der Ukraine-Konflikt Europa in die schärfste Krise seit dem Zerfall des Ostblocks 1989 geführt. "25 Jahre nach dem Ende der Blockkonfrontation ist die Gefahr einer erneuten Spaltung Europas real", warnte Steinmeier in Brüssel vor einem Krisentreffen der EU-Außenminister zur Ukraine. "Täglich spitzt sich die Lage in der Ukraine weiter zu und noch ist kein Ende der Eskalation abzusehen." Man müsse die Krise auf diplomatischem Wege entschärfen und die "Dinge schon für entschieden halten", sagte der Außenminister. Eine Umkehr sei noch möglich. Die Botschaft an Russland sei, dass "militärische Aktivitäten aus unserer Sicht völlig inakzeptabel sind". Auch die Ukraine müsse aufgefordert werden, "die Rechte der Minderheiten, vor allem in der Ostukraine zu beachten".
OSZE will Beobachter entsenden

Soll der Westen Präsident Putin abstrafen?
Angesichts der massiven russischen Einmischung will die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) jetzt eine Beobachtermission in die Ukraine schicken. Die Beobachter sollten die "Umstände der Vorfälle in der Ukraine" prüfen, teilte der Schweizer Bundespräsident und amtierende OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter in Genf mit. Die USA forderten eine "sofortige" Entsendung eines OSZE-Teams, um "den Schutz der Minderheitenrechte zu gewährleisten und über den Respekt der territorialen Integrität zu wachen".
Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk hatte noch einmal nachdrücklich den Anspruch seines Landes auf die Krim bekräftigt. Die Ukraine werde die Halbinsel niemals aufgeben, sagt er der russischen Nachrichtenagentur Interfax.
G7 bieten Finanzhilfe an
Derweil haben die sieben führenden westlichen Industrieländer beschlossen, die Ukraine vor einem finanziellen Kollaps zu bewahren. Sie bieten dem Land einen "starken finanziellen Rückhalt" an. Zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) sollten die unmittelbaren wirtschaftlichen Herausforderungen bewältigt werden, erklärten die G7-Finanzminister.
Nach Angaben der Bundesregierung hat der Westen dem Land auch Hilfe bei der Begleichung von Schulden beim russischen Energiekonzern Gazprom noch für diesen Monat in Aussicht gestellt. Zur G7 gehören die USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Kanada und Italien.
Mit der Eskalation in der Ukraine ist auch die russische Börse eingebrochen. Sie lag am Morgen mehr als 10 Prozent im Minus. Der Rubel markierte ein Allzeittief gegen den Dollar und Euro, und das obwohl die russische Zentralbank überraschend den Leitzins auf 7 Prozent von 5,5 Prozent angehoben hat. Ein Euro kostete erstmals mehr als 50 Rubel.
Ukraine berichtet von Truppenaufmarsch
An der russischen Küste nahe der Halbinsel Krim soll es unterdessen nach Angaben ukrainischer Grenztruppen zu einem Aufm arsch gepanzerter russischer Fahrzeuge gekommen sein. Diese bezögen Stellung bei einem Fährhafen auf der russischen Seite eines nur wenige Kilometer breiten Kanals, der die Krim von Russland trennt, sagte ein Sprecher der Grenztruppen. Russische Schiffe hätten zudem mit Manövern im Schwarzen Meer vor Sewastopol begonnen. Die russische Schwarzmeerflotte ist in der Hafenstadt auf der Krim stationiert. Auf der Krim werde zudem das Mobilfunknetz teilweise durch Russland blockiert.
G8-Treffen liegt auf Eis
Bereits in der Nacht zu Montag hatten die G7 als Konsequenz aus der russischen Intervention auf der Krim ihre Vorbereitungen auf das geplante G8-Treffen in Sotschi ausgesetzt. Sie sollen erst wieder aufgenommen werden, wenn "es wieder ein Umfeld gibt, in dem die G8 zu bedeutsamen Diskussionen in der Lage sind". Das geht aus einer gemeinsamen Erklärung hervor, die das Weiße Haus veröffentlichte. Das russische Vorgehen auf der Halbinsel wird als "klare Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine" und Verstoß gegen internationale Verpflichtung verurteilt.
Die USA berieten zuvor mit mehreren westlichen Nationen per Telefon über die Lage in der Ukraine. US-Präsident Barack Obama sprach auch mit Kanzlerin Angela Merkel. Beide hätten darin übereingestimmt, dass die "unakzeptable russische Intervention auf der Krim ein Verstoß gegen das Völkerrecht" sei, so ein Sprecher der Bundesregierung. Angesichts des "Unrechts" komme es nun besonders auf die Einigkeit der internationalen Gemeinschaft an.
Zuvor hatte Merkel bereits mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert und ihm ihre Haltung mitgeteilt. Putin verteidigte das Vorgehen Russlands in der Krim-Krise. Auch die Mission und die Kontaktgruppe kamen zur Sprache. Putin hat beiden Maßnahmen zugestimmt und will verhandeln.
Obama und Merkel streben demnach eine politische Lösung an. Sie forderten die umgehende Entsendung einer Mission zur Erkundung der Lage in der Ukraine, eine sogenannte "Fact Finding Mission".
n-tv Korrespondent Dirk Emmerich ist in Simferopol und twittert von dort über die aktuelle Entwicklung auf der Krim-Halbinsel.
Quelle: ntv.de, ppo/jog/AFP/dpa/rts