Politik

Nach Hinrichtungen in Weißrussland EU erwägt harte Sanktionen

Weißrusslands unnachgiebige Haltung zur Todesstrafe könnte zu schärferen Sanktionen der EU gegen die ehemalige Sowjetrepublik führen. EU-Politiker fordern die "totale Isolierung" des Landes und erwägen, Weißrussland die Eishockey-Weltmeisterschaft wegzunehmen.

Beim Besuch von Staatschef Lukaschenko in Moskau drohte Weißrussland mit Gegenmaßnahmen, wenn die EU Sanktionen verschärft.

Beim Besuch von Staatschef Lukaschenko in Moskau drohte Weißrussland mit Gegenmaßnahmen, wenn die EU Sanktionen verschärft.

(Foto: AP)

Nach der international kritisierten Hinrichtung von geht der Westen auf Konfrontationskurs zu der autoritären Regierung in Minsk. Mit der Exekution der beiden vermeintlichen U-Bahn-Attentäter würden die zu der früheren Sowjetrepublik weiter belastet, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der österreichische Europa-Parlamentarier Hannes Swoboda forderte eine "totale Isolierung" Weißrusslands.

Zu Befürchtungen, eine totale Isolierung treibe Weißrussland in die Arme Russland, sagte Swoboda: "Da ist Minsk doch längst." Am Montag reiste Staatschef Alexander Lukaschenko tatsächlich nach Russland. Am Rande seines Besuchs in Moskau drohte das Land mit Gegenmaßnahmen, falls die Europäische Union weitere Sanktionen verhänge. Doch darauf scheint es nun trotzdem hinauszulaufen.

Die EU habe gegenüber Weißrussland lange eine Politik der ausgestreckten Hand verfolgt, sagte Swoboda. "Aber es gibt kaum ein Land, das so unsensibel reagiert." Für den Parlamentarier steht fest: Weitere Gespräche mit Weißrussland "führen in die Irre". Der Westen muss laut Swoboda nun "scharf und schnell" reagieren.

Das Ende der Diplomatie

In diesem Sinne schloss der polnische EU-Parlamentarier Jacek Protasiewicz nicht aus, dass die Beziehungen zwischen der EU und Weißrussland auf Konsularebene gesenkt werden könnten. "Die tragische, schockierende und unverständliche Entscheidung Lukaschenkos hat gezeigt, dass er nicht an einer Zusammenarbeit mit dem Westen interessiert ist", sagte Protasiewicz in einem Radiointerview.

Wladislaw Kowalew und Dmitri Konowalow sind tot.

Wladislaw Kowalew und Dmitri Konowalow sind tot.

(Foto: REUTERS)

Die EU-Mitglieder hatten ihre Botschafter bereits vor den Hinrichtungen aus Protest gegen das gewaltsame Vorgehen gegen die weißrussische Opposition aus Minsk abgezogen.

Wegen der Hinrichtungen steht nun auch die Eishockey-Welstmeisterschaft in Weißrussland auf dem Spiel. Der Weltverband forderte seine 70 Mitgliedsverbände auf, beim nächsten Kongress im Mai in Helsinki das Für und Wider von Weißrussland als WM-Ausrichter offen zu diskutieren. Dann solle es eine Entscheidung geben. Für die WM stellt sich auch für die Osteuropa-Sprecherin der Grünen im Bundestag, Marieluise Beck, die Frage: "Welches Eishockey-Team will sich vom letzten Diktator Europas die Siegermedaille um den Hals hängen lassen?"

Der Deutsche Eishockey-Bund reagierte zurückhaltender. "Sport ist vor allem ein Mittel zur Völkerverständigung", sagte DEB-Präsident Uwe Harnos. "Es ist wichtig, dass wir sportliche Ereignisse unpolitisch betrachten." Weißrussland hatte 2009 nach der von Präsident und Eishockey-Fan Alexander Lukaschenko unterstützten Bewerbung den Zuschlag für 2014 erhalten.

Weißrussland ist das einzige Land in Europa, das Menschen hinrichten lässt - per Genickschuss. Staatsmedien gaben am Wochenende die Todesstrafe der 26 Jahre alten Wladislaw Kowaljow und Dmitri Konowalow bekannt. Die Männer sollen am 11. April 2011 in der Minsker Metro ein Attentat verübt haben, bei dem 15 Menschen getötet und etwa 300 verletzt worden waren. Bürgerrechtler und Prozessbeobachter zweifeln an der Schuld der beiden Verurteilten.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verweist auf eine unabhängige Untersuchung, wonach die Schuld der Männer nicht erwiesen sei. Bei ihnen seien keine Sprengstoffspuren gefunden worden, heißt es in einer Mitteilung der Organisation. Experten bezeichneten es nach Amnesty-Angaben als unmöglich, dass die Männer, wie von den Behörden behauptet, den Sprengsatz in ihrem Keller vorbereitet hätten.

Ljubow Kowaljowa, die Mutter eines der Getöteten, warf den Behörden unter Tränen erneut vor, sie hätten die Angeklagten gefoltert und Beweise gefälscht. "Schuld hat allein Lukaschenko!"

"Das ist ein politisch motivierter Mord" sagte auch der Minsker Oppositionelle Wjatscheslaw Dianow der Moskauer Zeitung "Kommersant". Der weißrussische Analyst Alexander Klaskowski sieht bei Lukaschenko "ein sehr gefährliches politisches Spiel". Bisher stand der autoritäre Staatschef in dem Ruf, je nach Bedarf zwischen Moskau und Brüssel politisch zu pendeln. Nun aber begebe sich Lukaschenko mehr denn je in eine Abhängigkeit Russlands, meint Klaskowski.

Quelle: ntv.de, dpa

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