Politik

Nach Wahlen in Serbien EU hofft auf Neuanfang

In Serbien zeichnet sich nach dem Wahlsieg des tief zerstrittenen demokratischen Lagers eine schwierige Regierungsbildung ab. Dennoch sieht die Europäische Union (EU) jetzt die Chance für einen Neuanfang der Beziehungen zu dem Balkanland. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der derzeitige EU-Ratspräsident, sagte: "Ich sehe günstige Voraussetzungen dafür, dass in Belgrad eine Regierung gebildet wird, die Serbien auf den europäischen Weg führen wird. Wir wollen Serbien dabei unterstützen. "

"Das Schlimmste für Serbien wäre, dass keine Regierung zu Stande kommt" und Neuwahlen ausgeschrieben werden, zitierten die Medien in Belgrad am Montag den serbischen Politiker Rasim Ljajic, der in der amtierenden Regierung den Kontakt mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag hält. Der Chef der extrem nationalistischen Radikalen (SRS), Tomislav Nikolic, erwartet Neuwahlen bis Ende des Jahres.

Die Radikalen hatten zwar 81 der 250 Mandate im Parlament errungen und waren damit stärkste Kraft geworden. Doch gemeinsam mit ihrem möglichen Koalitionspartner, den ebenfalls nationalistischen Sozialisten (SPS) kamen sie nur auf 97 Abgeordnete und blieben damit von einer Mehrheit klar entfernt. Den zweiten Platz mit 65 Sitzen hatten am Sonntag die Demokraten (DS) von Präsident Boris Tadic belegt. Die DSS des amtierenden Regierungschefs Vojislav Kostunica war mit 47 Mandaten Dritter geworden vor der kleinen Regierungspartei G17 (19) und den ebenfalls zu den Demokraten gerechneten Liberalen (15). Die übrigen sieben Sitze im Parlament gingen an Vertreter der Minderheiten wie Ungarn, Muslime oder Albaner.

EU-Chefdiplomat Javier Solana begrüßte den Wahlausgang. "Ich hoffe, es wird rasch eine Regierung gebildet, die die pro-europäischen Kräfte repräsentiert, sagte er am Montag in Brüssel. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn forderte, die EU müsse "einen Schritt" in Richtung Serbien machen. "Wenn wir eine demokratische Regierung in Serbien bekommen, dann muss auch die EU einen Schritt machen", sagte er.

Die EU hatte im Mai 2006 die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit Serbien ausgesetzt, weil Belgrad nicht vorbehaltlos mit dem UN-Tribunal in Den Haag zusammenarbeite. Vor allem fordert die EU die Auslieferung des als Kriegsverbrecher gesuchten serbischen Ex-Generals Ratko Mladic.

Plädoyer für Koalition der Demokraten

Eine wünschenswerte Regierungskoalition bestehe aus der DS, der DSS, G17 und der Ungarnpartei SVM, sagte Ljajic weiter. "Das wäre die beste Kombination, die politische Stabilität und ein volles Mandat für die nächste Regierung garantierte". Ein solches Bündnis würde rein rechnerisch auf eine klare Mehrheit von 134 Abgeordneten kommen. Doch vor allem die Tadic-DS und die DSS von Kostunica beanspruchten noch in der Wahlnacht beide das Amt des Ministerpräsidenten und sind auch in anderen Fragen tief zerstritten. Am Tag nach der Wahl hielten sich fast alle Spitzenpolitiker mit Kommentaren über den weiteren politischen Fahrplan zurück.

Sollte sich das demokratische Parteienspektrum nicht auf eine Regierung einigen können, komme auch eine von Kostunica gebildete Minderheitsregierung in Frage, die von den Radikalen gestützt würde, schrieben die Belgrader Zeitungen am Montag. Schon bisher hatten die Sozialisten dem Minderheitskabinett Kostunicas im Parlament das politische Überleben gesichert. Eine solche Lösung stieße jedoch in Brüssel und Washington auf Ablehnung.

Zusätzlich belastet wird die Regierungsbildung durch die Entscheidung über die abtrünnige Provinz Kosovo. Der UN-Kosovo-Vermittler Martti Ahtisaari will Anfang Februar seine Vorschläge für eine eingeschränkte Selbstständigkeit dieser fast nur noch von Albanern bewohnten Region vorlegen. Das könnte die innenpolitische Szene in Serbien radikalisieren, warnen viele Belgrader Spitzenpolitiker.

Quelle: ntv.de

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