Politik

Städte vor Finanzkollaps Eichel: Keine Steuererhöhungen

Trotz der Steuerausfälle während der vergangenen Monate und der schwierigen Finanzsituation der öffentlichen Kassen hat Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) Steuererhöhungen erneut ausgeschlossen. "Auf den Steuerausfall gibt es nur eine Antwort: einen klaren finanzpolitischen Kurs", sagte Eichel im ZDF.

Die Präsidentin des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeisterin von Frankfurt am Main, Petra Roth (CDU), warnte in der "Süddeutschen Zeitung", viele Gemeinden stünden vor dem finanziellen Kollaps. Verantwortlich dafür sei vor allem der drastische Rückgang der Einnahmen aus der Gewerbesteuer.

Weniger Einnahmen, mehr Ausgaben

Nach einem Bericht des Bundesfinanzministeriums sanken Steuer- und Verwaltungseinnahmen des Bundes im ersten Halbjahr 2002 verglichen mit dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs um 5,5 Prozent. Die Steuereinnahmen allein sanken sogar um 6,4 Prozent. Zugleich stiegen die Ausgaben weiter an und betrugen in den ersten sechs Monaten 2002 insgesamt 126,7 Mrd. Euro. Daraus ergibt sich eine vorläufige Finanzierungslücke von 33,6 Mrd. Euro.

Eichel zeigte sich dennoch nicht beunruhigt: "Damit haben wir ja im Prinzip gerechnet", erklärte er. Bereits nach der Steuerschätzung im Mai sei klar gewesen, dass es ein schwieriges erstes, aber auch ein beschleunigtes zweites Halbjahr geben werde. Das Auf und Ab bei den Steuereinnahmen werde durch die konjunkturelle Entwicklung bestimmt.

Städte verlieren Gewerbesteuern

"Entgegen allen Erwartungen ist die Gewerbesteuer nach einer aktuellen Umfrage des Deutschen Städtetags im ersten Halbjahr 2002 um weitere 13,6 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum abgerutscht", sagte Roth. Schon im vergangenen Jahr hätten die Großstädte ein Minus von mehr als 20 Prozent bei der Gewerbesteuer verkraften müssen.

Ohne eine tief greifende Reform der Gemeindefinanzen könnten die Städte nicht überleben, sagte Roth. Die von Eichel eingesetzte Kommission zur Reform der Kommunalfinanzen dürfe die Städte nicht mit "kosmetischen Korrekturen" abspeisen. Notwendig sei neben einer Neuordnung der Gewerbesteuer eine Reform der Sozialhilfe.

Eichel wies Schuldzuweisungen an den Bund zurück. Die schlechte Situation der Städte und Gemeinden sei nicht auf Änderungen bei der Gewerbesteuer zurückzuführen, "denn wir haben die Gewerbesteuer nicht zu Lasten, sondern zu Gunsten der Kommunen geändert", sagte Eichel.

Großkonzerne zahlen weniger

Der Berliner "Tagesspiegel" listet unter Berufung auf Konzernsprecher exemplarisch Unternehmen auf, deren Gewerbesteuerabgaben in den vergangenen Jahren gesunken sind. Die Münchner Allianz-Gruppe etwa habe im Jahr 2001 noch Gewerbesteuern von rund 30 Mio. Euro gezahlt. Im Zeitraum von 1999 bis 2001 seien hingegen noch mehrere hundert Mio. Euro angefallen.

Die BASF AG habe 1999 noch 178,1 Mio. Euro gezahlt, 2001 seien es noch 104,9 Mio. Euro gewesen. Die Deutsche Post AG brauche auf Grund von Verlustvorträgen aus der Vergangenheit überhaupt keine Gewerbesteuer zu bezahlen, berichtet das Blatt.

Haushaltssperre in München

Vor dem Hintergrund der sinkenden Steuereinnahmen hatte die Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Heide Simonis (SPD), eine Erhöhung der Steuern nicht ausgeschlossen. Ihr Vorstoß war auf teils harsche Kritik seitens der Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen gestoßen.

Die Stadt München erließ auf Grund der prekären Finanzsituation eine Haushaltssperre. "Die Stadt ist pleite", erklärte Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), der Bund und Ländern vorwarf, die Kommunen mit ihren finanziellen Problemen im Stich gelassen zu haben.

Quelle: ntv.de

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