Streit um Hartz IV Ein Kompromiss ist wahrscheinlich
01.10.2010, 15:30 UhrAusgerechnet Hartz IV könnte dazu führen, dass die schwarz-gelbe Koalition und die SPD sich aufeinander zubewegen. Gespräche gibt es bislang nicht, vorerst stehen die Zeichen auf Konfrontation. Doch grundsätzlich ist eine Einigung durchaus möglich.

Im Streit um die Neufestlegung der Hartz-IV-Regelsätze scheinen die Fronten verhärtet. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen will über den von der Opposition geforderten allgemeinen Mindestlohn nicht einmal reden, und die Erhöhung um 5 Euro sei ihr "letztes Wort für diesen Regelsatz", sagte die CDU-Politikerin.
Im Bundesrat sind Union und FDP allerdings auf die Zustimmung der SPD angewiesen; zur Mehrheit fehlen ihnen in der Länderkammer derzeit vier Stimmen. Theoretisch könnten die Grünen aushelfen, die in Hamburg und dem Saarland mit CDU bzw. CDU und FDP regieren. Anders als die SPD haben sich die Grünen jedoch auf die Forderung nach einem deutlich höheren Regelsatz festgelegt - ihre Zustimmung dürfte schwer zu bekommen sein.

Gibt es noch eine Einigung bei Hartz IV? Elke Ferner schließt das nicht aus.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Bleibt die SPD. Gibt es Chancen für eine Zustimmung im Bundesrat? Diese Frage könne sie derzeit nicht beantworten, sagt SPD-Fraktionsvize Elke Ferner n-tv.de. "Bislang liegt ja nur ein Referentenentwurf vor, der zudem noch etliche Fehler enthält."
Wenn man die offizielle Stellungnahme von SPD-Vizechefin Manuela Schwesig als Gesprächsangebot an die Koalition interpretiert, dann geht es den Sozialdemokraten vor allem um ein Entgegenkommen beim Bildungspaket. Ferner nennt drei Forderungen: Erstens eine verfassungskonforme Ermittlung der Regelsätze, zweitens soll das Bildungspaket kein unverbindliches Angebot, sondern ein Rechtsanspruch sein, der zudem nicht nur Hartz-IV-Empfänger, sondern auch Geringverdiener einschließt. Und drittens: "Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass das Existenzminimum nicht verhandelbar ist", so Ferner. "Daraus folgt, dass diejenigen, die hart arbeiten, auch ein Einkommen haben müssen, das deutlich über dem Existenzminimum liegt."
Zur Not auch ohne Bundesrat
FDP-Fraktionsvize Heinrich Kolb kann sich ein Entgegenkommen zwar in einigen Punkten vorstellen, nicht jedoch beim Thema Mindestlohn. Hält die SPD an diesem Punkt fest, würde eine Einigung scheitern. Und dann? "Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts haben die Betroffenen von Verfassung wegen einen Anspruch auf die Neuregelung ab dem 1. Januar 2011", sagt Kolb. "Dieser Anspruch müsste auch dann erfüllt werden, wenn das Gesetzgebungsverfahren scheitert." Mit anderen Worten: 5-Euro-Erhöhung und Bildungspaket kommen auch dann, wenn der Bundesrat nicht zustimmt. Es wäre ein beispielloser Vorgang.

Heinrich Kolb glaubt daran, dass man die SPD am Ende noch zur Zustimmung überreden kann - in dem die Koalition der Sozialdemokraten in anderen Bereichen entgegenkommt.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
Für wünschenswert hält Kolb diesen Weg nicht: "Eine Regelung ohne Bundesrat wäre als Dauerzustand kaum vorstellbar, zumal sich das Leistungsniveau für Sozialhilfeempfänger und Asylbewerber am Leistungsniveau für die Hartz-IV-Empfänger orientiert." Auch eine Sprecherin von Ministerin von der Leyen betont im Gespräch mit n-tv.de, dass das Sozialministerium "angesichts einer so wichtigen Reform, die so viele Menschen betrifft", auf eine Mehrheit im Bundesrat hofft.
Der Zeitplan ist eng. Am 20. Oktober will das Kabinett den Gesetzentwurf beschließen. Um Zeit zu sparen, soll er dann parallel in Bundestag und Bundesrat eingebracht werden. Die dritte Lesung mit der Schlussabstimmung im Bundestag muss rechtzeitig vor der letzten Sitzung des Bundesrats in diesem Jahr stattfinden - also vor dem 17. Dezember. Lehnt der Bundesrat den Gesetzentwurf ab, bleibt die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Allerdings dürfte die Zeit für ein Vermittlungsverfahren nicht reichen. "Deswegen erwarte ich", sagt Kolb, "dass es bei der SPD so viel Einsicht gibt, dass es nicht zu einem Vermittlungsverfahren kommen muss, und dass der Bundesrat am Ende zustimmt."
Quelle: ntv.de