Reiner Haseloff Ein Sieger, aber kein strahlender
20.03.2011, 20:08 UhrReiner Haseloff gehört nicht zu den Politikern, die andere auf Anhieb mitreißen können. Er gilt als pragmatisch und fleißig. Nun beerbt er den bisherigen Ministerpräsidenten und seinen politischen Ziehvater Wolfgang Böhmer. Die Messlatte liegt hoch.
Strahlende Sieger sehen anders aus. Nüchtern verkündete der CDU-Spitzenkandidat Reiner Haseloff nach der Wahl in Sachsen-Anhalt: "Die Menschen wollen eine Fortsetzung der bisherigen Konstellation." Das Ergebnis der Landtagswahl, aus der Haseloffs CDU mit leichten Verlusten als stärkste Kraft hervorging, wertete er als Signal für "Kontinuität". Jetzt hat der 57-jährige Physiker gute Aussichten, den bisherigen Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer (CDU) im Amt zu beerben wird.
Reiner Haseloff zählt nicht gerade zu jenen Politikern, die andere Menschen auf Anhieb mitreißen können. Doch wenn es um die Bilanz der Regierungsarbeit geht, scheute der CDU-Spitzenkandidat im Wahlkampf keine Superlative. Die vergangenen fünf Jahre seien "die erfolgreichsten" für Sachsen-Anhalt gewesen, schwärmte der bisherige Wirtschaftsminister und schloss dabei den bisherigen Koalitionspartner SPD durchaus in das Lob mit ein.
Die Messlatte liegt hoch
Am Wahlabend wies Haseloff mit einer gewissen Genugtuung darauf hin, dass das Land schon unruhigere Zeiten hatte: In den 90er Jahren wurde Sachsen-Anhalt von Skandalen der regierenden CDU erschüttert, später sorgte das Magdeburger Modell für Furore - die Tolerierung einer SPD-geführten Minderheitsregierung unter Tolerierung der PDS.
Der aus der Nähe von Wittenberg stammende Haseloff ist seit 2006 Wirtschaftsminister in Sachsen-Anhalt und will nun in die Fußstapfen Böhmers treten, der aus Altersgründen nicht mehr antrat. Der 75-jährige Böhmer war trotz seiner knurrigen Art ein äußerst beliebter Landesvater und prägte die Koalition. Die Messlatte liegt also hoch, und Haseloff ist seit einiger Zeit bemüht, aus dem Schatten seines politischen Ziehvaters zu treten.
Pragmatisch und fleißig
Der wahrscheinliche Ministerpräsident in spe sieht sich denn auch nicht als "Trittbrettfahrer von Böhmers Gnaden". Als Pluspunkt kann es Haseloff für sich verbuchen, dass er den Wahlsieg ohne Amtsbonus des Ministerpräsidenten schaffte. Denn anders als sonst üblich beendete Böhmer seine Amtszeit regulär, und vermied es, seinem Wunschnachfolger schon vor dem Wahltermin ins Amt zu bringen.
Haseloff, der als pragmatisch und fleißig gilt und die Beatles und AC/DC mag, versuchte im Wahlkampf, durch seine Fachkompetenz und seine Erfolge als Wirtschaftsminister punkten. Fast jeden Tag weihte er neue Produktionsstätten ein, legte Grundsteine und verkündete Industrieansiedlungen.
Gute Zusammenarbeit mit der SPD
Zu DDR-Zeiten arbeitete der promovierte Physiker, der seit 1976 der DDR-CDU angehörte, in der Umweltforschung. Nach der Wende startete der zweifache Vater und vierfache Großvater seine politische Karriere auf kommunaler Ebene, war zunächst stellvertretender Landrat des Landkreises Wittenberg und bis 2002 Direktor des örtlichen Arbeitsamtes, bevor er als Staatssekretär in das Wirtschaftsministerium wechselte. Vier Jahre später rückte er an die Spitze des Ministeriums. Zu seinen Erfolgen zählt der überzeugte Katholik vor allem, dass sich die Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt, das im Vergleich mit den anderen Bundesländern viele Jahre die "rote Laterne" trug, seit 2002 halbiert hat.
Seinem bisherigen und wahrscheinlich künftigen Koalitionspartner SPD mit dem bisherigen Finanzminister Jens Bullerjahn an der Spitze bescheinigte Haseloff eine gute Zusammenarbeit. Er würde mit der SPD auch bis 2020 regieren, ließ er einmal durchblicken. Schließlich hatte Haseloff kein Problem damit, dass sein Ziehvater Böhmer engen Umgang mit dem Koalitionspartner pflegte. Der scheidende Regierungschef ließ sich nämlich sagar beim Neujahrsempfang im SPD-Ortsverein Bullerjahns als Ehrengast blicken. Auch da folgte Haseloff Böhmer. Noch gut sieben Wochen vor der Wahl tratt er mit Bullerjahn im Fernsehen auf - und zwar in der lockeren Runde der Kochshow "Magdeburger Allerlei".
Quelle: ntv.de, Andrea Hentschel, AFP