"Hartz-IV-Senat" Ein Stapel Urteile
06.09.2007, 16:55 UhrDer neu eingerichtete "Hartz-IV-Senat" des Bundessozialgerichts hat seine ersten Entscheidungen verkündet. Wegen der anhaltenden Klagewelle zum Hartz-IV-Gesetz hatte das Bundesgericht zum 1. Juli drei neue Richterstellen erhalten. Ein eigens eingerichteter Senat soll sich ausschließlich um diese Rechtsstreitigkeiten kümmern. Bis Ende August 2007 sind nach Angaben von BSG-Sprecher Thomas Voelzke beim Gericht insgesamt 175 Revisionen und Beschwerden zu Hartz IV eingegangen, 92 mehr als im Gesamtjahr 2006.
In den ersten verhandelten Fällen hatte der Senat unter anderem entschieden, dass Studenten keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben. Das Gesetz sehe ALG-II-Zahlungen für sie nicht vor. Erfolg hatte dagegen ein Kläger aus Rheinland-Pfalz. Der Oberfeldwebel der Reserve hatte 2005 für sechs Wochen ALG II beantragt. Die zuständige Arbeitsgemeinschaft verweigerte jedoch eine Zahlung, da der Mann über ein zu teures Auto verfüge, welches als Vermögen angerechnet werden müsse. Für ALG-II-Empfänger sei nur ein Auto im Wert von höchstens 5.000 Euro angemessen.
Der 14. Senat sah diesen Wert jedoch als zu niedrig an. Arbeitslosen stehe laut Gesetz ein Lebensstandard der unteren 20 Prozent der Gesellschaft zu. Damit dürften Hartz-IV-Empfänger ein Auto mit einem Wert von bis zu 7.500 Euro besitzen, ohne dass dieses als Vermögen gewertet wird.
Im verhandelten Fall lag zwar der Wert des Autos mehr als 2.000 Euro über dem vom Gericht als angemessen angesehenen Pauschalbetrag. Es sei aber nur dieser Betrag als Vermögen zu werten.
Auch Wohnsitzlose, psychisch Kranke und behinderte Menschen in betreuten Einrichtungen können nach einem Urteil des BSG unter Umständen Anspruch auf ALG II haben. Laut Gesetz bestehe zwar grundsätzlich für Menschen in stationären Einrichtungen kein Anspruch auf Zahlung. Sind die Betroffenen jedoch "objektiv erwerbsfähig" und könnten drei Stunden täglich oder 15 Stunden wöchentlich arbeiten, könne ein Anspruch auf Geldleistungen bestehen, entschieden die Richter.
Damit hat die Klägerin, die in einer Wohngemeinschaft in einem Obdachlosenwohnheim in Osnabrück untergebracht ist, möglicherweise Anspruch auf ALG II. Ihr Verfahren wurde jedoch an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen. Dort muss die Erwerbsfähigkeit der Klägerin überprüft werden.
(Aktenzeichen: B 14/7b AS 36/06 R, B 14/7b AS 66/06 und B 14/7b AS 16/07 R)
Quelle: ntv.de