Politik

Giordano an Möllemann "Ein großer Täuscher"

"Für mich ist Möllemann der gefährlichste von allen Schmierenkomödianten in den vergangenen 57 Jahren." Mit deutlichen Worten hat sich nun auch der Schriftsteller Ralph Giordano in den schwelenden Antisemitismus-Streit eingeschaltet.

Im Hamburger "Stern" setzt sich der Autor mit den besorgniserregenden Entwicklungen innerhalb der FDP auseinander. Im Zentrum der Kritik: FDP-Parteivize Jürgen Möllemann. Der umstrittene Politiker sei "skrupellos und ein großer Täuscher: kein ehrliches Wort, das von ihm kommt." Am FDP-Vize zeige sich, "dass sich das Klima verändert hat."

Aus unzähligen Briefen und aus Todesdrohungen wisse er, der Sohn eines italienischen Vaters und einer deutsch-jüdischen Mutter, "dass es einen Bodensatz von Antisemiten gibt." Was Möllemann mit seinen Äußerungen über Michel Friedman ausgelöst habe, "das provoziert und mobilisiert meinen Flüchtlingsinstinkt", so Giordano weiter. Auf die Frage "Müssen wir die Koffer packen?" könne er zunächst gar nichts antworten, "weil es mir die Sprache verschlägt. und dann brülle ich: Nein, nein, nein!"

Seinen Parforceritt beschließt Ralph Giordano mit einer Breitseite in Richtung FDP-Parteispitze: "Wenn Möllemann mit Westerwelles Schützenhilfe bleibt, verändert sich das Gesicht der Republik. Da höhlt sich etwas aus."

Gerhardt wiegelt ab

Wolfgang Gerhardt, der Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, setzt hingegen auf Deeskalation. Gerhardt zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Atmosphäre zwischen der FDP und dem Zentralrat der Juden bald wieder verbessern werde. Das wichtigste Ergebnis des Spitzentreffens vom Dienstag sein, dass man die Gespräche regelmäßig fortsetzen wolle, so Gerhardt. Die "tiefe Verletzlichkeit" des Zentralrates und der Juden in Deutschland müsse ernst genommen werden.

Gleichzeitig erteilte der Fraktionschef den Aufforderungen des Zentralrats, den umstrittenen Partei-Vize Jürgen Möllemann abzulösen, eine deutliche Absage. Solche Vorschläge hätten sich nie ausgezahlt und dienten nicht der Sache, so Gerhardt. In diesem Zusammenhang verwahrte sich der FDP-Spitzenmann nachdrücklich gegen Vorwürfe, seine Partei verfolge rechtspopulistische Ziele.

"Projekt 18" zum Leben erwacht

Unterdessen steht die kurzfristig aus dem Blick geratene FDP-Kampagne "Projekt 18" vor ihrer Reaktivierung. Partei-Vize Rainer Brüderle sieht den Antisemitismus-Streit beendet. Nun sei der "Ballast von der Partei genommen", so Brüderle. Das 18-Prozent-Ziel, ein Prestige-Projekt von Partei-Vize Jürgen Möllemann, rücke wieder in greifbare Nähe.

Möllemann ist eine Funktion los

Auf anderem Terrain muss sich Jürgen Möllemann jedoch schon jetzt geschlagen geben. Die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) hat den FDP-Mann ausgeschlossen. Wie ein Sprecher der Gewerkschaft bestätigte, sei Möllemann der Besitz von mindestens einem Unternehmen nachgewiesen worden. Damit erfülle er nicht die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft. Der umtriebige Freidemokrat war im Oktober 2001 beim Gewerkschaftstag der IG BAU spontan der Gewerkschaft beigetreten.

Möllemann nannte die Darstellung der Gewerkschaft lächerlich. Als ihm von der IG Bau die Mitgliedschaft angetragen worden sei, sei bereits bekannt gewesen, dass er ein Unternehmen besitze. Sein Ausschluss sei vielmehr Teil der Strategie von SPD-Generalsekretär Franz Müntefering, die FDP in die rechte Ecke zu stellen. IG-Bau-Chef Klaus Wiesehügel habe auf Geheiß seines "Vorgesetzten Müntefering" gehandelt. Möllemann forderte die Gewerkschaft auf, seine bislang gezahlten Beiträge für einen sozialen Zweck zu spenden.

Quelle: ntv.de

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