Ringen um Ukraine-Lösung Eine Pufferzone ist nicht genug!
20.09.2014, 15:04 Uhr
Schauen in eine ungewisse Zukunft: die ukrainischen Soldaten im Osten des Landes.
(Foto: REUTERS)
Kiew und die Separatisten nähern sich an. Die Einigung auf eine entmilitarisierte Pufferzone ist ein Achtungserfolg, täuscht über eines jedoch nicht hinweg: Die wirklich prekären Fragen sind noch ungelöst.
Aufrüstung, Drohgebärden, immer neue Sanktionen und "Anti-Terror-Kampf": Der Ukraine-Konflikt kennt seit Monaten nur Eskalation. Signale der Entspannung gab es zuletzt kaum. Das könnte sich jetzt ändern - darauf lässt der Minsker Neun-Punkte-Plan zumindest hoffen.
Zugegeben, bei der Umsetzung des Anfang September vereinbarten Friedensplans haperte es zuletzt. Trotz der Waffenruhe gab es fast täglich Gefechte und das Handeln der Protagonisten ist nach wie vor widersprüchlich. Allzu offensiv bat Ukraine-Präsident Petro Poroschenko um US-Waffenlieferungen. Wenig durchschaubar ist auch, warum Russland mitten im Friedensprozess Tausende Soldaten an der Grenze zwischen Krim und Ukraine zusammenzog. Selbiges gilt für das aus Telefonaten überlieferte Kokettieren Wladimir Putins, innerhalb kürzester Zeit überall in Osteuropa militärisch zuschlagen zu können.
Dennoch mehren sich die Anzeichen, dass die Intensität der Krise sich auf absehbare Zeit zumindest abschwächen könnte. Vor einigen Tagen sprach Poroschenko eine Amnestie für die prorussischen Separatisten aus. Ein neuer russischer Hilfskonvoi hat die Ukraine erreicht und das diesmal weitgehend geräuschlos. Auch die Treffen der Kontaktgruppe in Minsk weisen erste Erfolge auf. Vertreter Kiews haben sich mit den Rebellen auf einen Neun-Punkte-Plan geeinigt, der einen Waffenstillstand und die Einrichtung einer entmilitarisierten Pufferzone von 30 Kilometern vorsieht, die von der OSZE überwacht werden soll.
Das ist keineswegs revolutionär, sondern eine gängige Form der Konfliktregelung, die auch im Kosovo- und im Zypernkonflikt Anwendung fand. Dass diese Einigung gelang, ist jedoch nicht selbstverständlich. Es zeigt vielmehr, dass Kiew und die Separatisten durchaus zu konstruktiven Gesprächen in der Lage sind. Der Mangel an Kompromissbereitschaft war bisher eines der größten Hindernisse bei der Lösung des Ukraine-Konfliktes. Was in Minsk erreicht wurde, ist schon ein kleiner Achtungserfolg. Ob es den Beteiligten ernst ist? Das müssen beide Seiten nun zeigen.
Jetzt von einem Ende der Krise zu sprechen, ist zu früh. Größter Streitpunkt bleibt der Status der Ostukraine. Poroschenko bot den Regionen zwar mehr Autonomie an, den Separatisten ist dies jedoch zu wenig. Ähnlich viel Sprengstoff birgt die künftige Rolle der gesamten Ukraine. Kann sie neutral sein, also gleichzeitig zur EU wie zu Russland enge Verbindungen unterhalten? Es gibt also weiterhin viele heikle Fragen.
Bei den möglichen Antworten kommt auch der Westen ins Spiel. So dürfen EU und USA bei der Annäherung zwischen Ukraine und Russland nicht im Wege stehen. Sensibilität bewies man bereits beim Thema G20: Putin soll nicht von dem Gipfel im November ausgeschlossen werden. Damit ist es jedoch nicht getan. Sollte sich Russland konstruktiv am Friedensprozess beteiligen, muss der Westen sich im Gegenzug damit auseinandersetzen, wie eine zumindest teilweise Rücknahme der Sanktionen aussehen könnte.
Quelle: ntv.de