"Banken-Treuhand" Einigkeit zu Rettungsfonds
16.10.2008, 18:23 UhrDer staatliche Milliardenfonds zur Unterstützung der Finanzindustrie soll nach dem Vorbild der früheren Treuhand organisiert werden. Darauf haben sich nach Angaben der Koalition Bundesregierung, Bundesbank sowie Haushaltspolitiker von Union und SPD nach massiver Kritik der Zentralbank verständigt. Entgegen den ursprünglichen Gesetzesplänen wird der Fonds nun nicht von der Bundesbank direkt verwaltet, sondern von einer bei ihr angesiedelten Anstalt öffentlichen Rechts. Damit soll die Unabhängigkeit der Bundesbank gewahrt werden.
Während die Errichtung der Banken-Treuhand nur noch als Formalie bezeichnet wurde, gab es noch keine Einigkeit zwischen Koalitionsfraktionen und Regierung über die Kontrollrechte des Parlamentes. Am Tag vor der Verabschiedung des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes in Bundestag und Bundesrat stritten Parlament und Regierung weiter über die Kontrollrechte der Abgeordneten. Die Vertreter von Union und SPD forderten zudem, die Banken an möglichen Kosten der Krise zu beteiligen.
"Finanzmarktstabilisierungsanstalt"
Wie die frühere Treuhand zur Privatisierung der DDR-Betriebe soll die "Finanzmarktstabilisierungsanstalt" (FMSA) als eine unselbstständige Anstalt öffentlichen Rechtes gegründet werden. Die Banken-Treuhand wird bei der Bundesbank errichtet, soll von dieser aber organisatorisch getrennt bleiben. Sie soll den Finanzmarktstabilisierungsfonds verwalten, der mit rund 500 Milliarden Euro für Banken bürgen und sich auch direkt an Geldhäusern beteiligen können soll. Der Fonds soll den brachliegenden Geldverkehr zwischen den Banken wieder in Schwung bringen, die sich aus Angst vor Pleiten kaum noch Geld leihen. Anders als die frühere Treuhandanstalt zur Sanierung und Verwertung des DDR-Vermögens wird die künftige "Banken-Treuhand" nicht Finanzunternehmen aufkaufen und abwickeln.
"Starke Persönlichkeit" an der Spitze
Nach dem Änderungsvorschlag der Koalitionsfraktionen für das Stabilisierungsgesetz soll die Rechts- und Fachaufsicht über die neue Behörde beim Bundesfinanzministerium liegen. Ihr soll ein Lenkungsausschuss vorstehen, der vom Finanzministerium im Benehmen mit der Bundesbank eingesetzt wird und dem Vertreter von Bundesfinanz-, Wirtschafts- und Justizministerium angehören. Nach Angaben von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) werden dem Lenkungsausschuss vier Vertreter des Bundes sowie ein Ländervertreter angehören. Die "Banken-Treuhand" solle "mit einer starken Persönlichkeit an ihrer Spitze" besetzt werden, auch mit Bundesbank-Managern.
"Höheres Gehalt" für Anstaltschef
Laut "Handelblatt" haben Bundesregierung, Bundesbank sowie Haushaltspolitiker von Union und SPD auch geklärt, dass der Chef der Anstalt nicht in die Gehaltsgruppe A16 eingruppiert werden, sondern ein höheres Gehalt bekommen solle. Erwogen würden dabei Bezüge von bis zu 500.000 Euro.
Der Gesetzentwurf zur Finanzmarkt-Stabilisierung sieht vor, dass über den Fonds bis zu 480 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden können. Davon sollen 400 Milliarden Euro als Bürgschaften für Kredite zwischen Banken bereitstehen. Mit weiteren 80 Milliarden Euro kann die Bundesregierung angeschlagene Banken mit neuem Kapital ausstatten, etwa durch den Kauf von Aktien.
Bundesbank-Chef setzt sich durch
Mit der Gründung der Banken-Treuhand trägt die Koalition Bedenken der Bundesbank Rechnung. Ihr Präsident Axel Weber hatte in den Fachausschüssen des Bundestages auf die Unabhängigkeit der Bundesbank gegenüber dem Finanzministerium gepocht. In der Praxis werde aber die Zentralbank die Verwaltung des Fonds übernehmen, hieß es in der Koalition.
Parlamentarier wollen bessere Kontrolle
Über die Kontrollrechte des Parlaments wird weiter gestritten. Die Abgeordneten dringen schon seit längerem auf detaillierte Informationen der Regierung über das Management der Bundesbeteiligungen und auch über die Haushalte der Geheimdienste. Die Parlamentarier wollten bei den Beratungen über den Fonds diese Forderungen draufsatteln, hieß es im Bundestag.
"Verursacherprinzip" soll beachtet werden
Der SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider sagte, SPD und Union wollten zudem durchsetzen, dass der Finanzsektor sich an möglichen Verlusten des Fonds beteiligt. Verluste der Banken-Treuhand dürften nicht dem Steuerzahler auferlegt werden. "Wir müssen das Verursacherprinzip festschreiben", sagte er der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". Falls der geplante Banken-Rettungsfonds in einigen Jahren Verluste schreibe, sollte das Defizit an die Finanzbranche weitergereicht werden, sagte Schneider dem Blatt. Unterstützung erhält er den Angaben zufolge auch vom finanzpolitischen Sprecher der Union, Otto Bernhardt (CDU). Dieser habe vorgeschlagen, dass die Sonderabgabe in Form eines Zuschlags zur Körperschaftsteuer erhoben werden könnte. Für mögliche Verluste aus Bürgschaften kann die Regierung dem Gesetzentwurf zufolge 20 Milliarden Euro Schulden aufnehmen.
Quelle: ntv.de