Zöller trifft PKV-Lobbyisten Einigung über Gesundheitsreform
11.01.2007, 08:19 UhrWährend die Koalitionsspitzen keine Hürden für die Gesundheitsreform mehr sehen, ringen die Experten von Union und SPD weiter um eine Einigung bei den noch offenen Detailfragen. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte in Berlin, nach dem Verlauf der Beratungen im Koalitionsausschuss gehe er fest davon aus, dass auch Bayern im Bundesrat der Reform zustimmen werde. Aus Unionskreisen hieß es, die Reform wackle trotz der verbliebenen Streitpunkte nicht mehr. Man sei auf einem guten Weg. Vor allem bei den Neuregelungen für die Private Krankenversicherung (PKV) gab es allerdings zunächst noch keine endgültige Einigung.
Laumanns Kompromiss
Der geplante Basistarif der Privaten Krankenversicherungen soll nach dem Willen von NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann nur noch für Betroffene offen stehen, die keinen Versicherungsschutz haben und früher Privatversicherte waren.
Dem Tagesspiegel (Freitagsausgabe) sagte Laumann, "die Gruppe der Menschen, die einen Basistarif im privaten Versicherungssystem in Anspruch nehmen dürfen, muss begrenzt werden".
Laumann zeigte sich zuversichtlich, dass eine Einigung mit der SPD in dieser Frage "entscheidend zur Problemlösung beitragen würde".
Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Elke Ferner stellte dabei erstmals ein Einlenken in Aussicht, falls die Union in anderen Bereichen zu Zugständnissen bereit ist. Es müsse "jeder seinen Punkt haben", sagte sie vor weiteren Gesprächen der Gesundheitsexperten von Union und SPD in Berlin. Die Union habe für die Privatkassen einen Vorschlag gemacht, der nicht den Eckpunkten entspreche. Daraufhin habe die SPD "zu einem anderen Teil auch einen Vorschlag gemacht". Ferner fügte hinzu: "Das betrifft natürlich die gesetzliche Krankenversicherung." Details nannte sie allerdings nicht.
Treffen mit PKV-Lobbyisten
Für Irritationen hatte am Donnerstag zuvor ein Treffen des CSU-Gesundheitsexperten Wolfgang Zöller mit dem Chef des Privatkassen-Verbandes, Volker Leienbach, gesorgt. "Zu uns kann jeder kommen, das hat nicht mit bestimmten Dingen zu tun", sagte Zöller dazu auf Nachfrage.
Welle von Praxisschließungen
Der Vorsitzende des Ärzteverbandes Hartmannbund, Kuno Winn, sagte, die Welle regionaler Praxisschließungen werde mindestens bis zum 1. April weitergehen. Bei den Patienten gebe es einen "Riesenzuspruch".
Volksentscheid gefordert
Linksfraktionschef Gregor Gysi schlug einen Volksentscheid über das künftige Gesundheitssystem vor. Die Regierung solle das aktuelle "Gemurkse" ruhen lassen und vor der nächsten Bundestagswahl die Bevölkerung über die Einführung einer Bürgerversicherung oder der Kopfpauschale abstimmen lassen. Seine Fraktion forderte in einem Antrag an den Bundestag eine solidarische Bürgerversicherung als Grundlage für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen. Neue Kritik an der Gesundheitsreform kam auch von der FDP und den Grünen.
Bürger nicht überzeugt
Auch nach Ansicht der meisten Bundesbürger kann bisher keine der Regierungsparteien in dem Streit überzeugen. Nach einer aktuellen forsa-Umfrage für n-tv (8. und 9. Januar / 1.002 Befragte) meinen 37 Prozent der Befragten, dass bislang weder der eine noch der andere Koalitionspartner den besseren Eindruck gemacht habe. 31 Prozent schreiben in dem Streit der SPD ein positiveres Auftreten zu, lediglich 17 Prozent nennen die Union. Von den Anhängern der SPD ist eine Mehrheit von 58 Prozent der Meinung, dass „ihre“ Partei hier bisher ein besseres Bild abgegeben habe, von den Anhängern der CDU/CSU sichern dagegen nur ein Drittel (33 Prozent) „ihrer“ Partei im Vergleich mit der SPD ein besseres Abschneiden zu.
Am 1. April in Kraft
Dessen ungeachtet erklärte SPD-Fraktionschef Struck, es bleibe dabei, dass die Reform am 1. April in Kraft treten. Er gehe davon aus, dass kein Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses gestellt werde, selbst wenn CDU-Landesregierungen mit FDP-Beteiligung der Reform nicht zustimmen sollten. Auch SPD-Chef Kurt Beck rechnet nach eigener Aussage mit einer einvernehmlichen Lösung in Bundestag und Bundesrat. Er habe das Gefühl, dass man sich aufeinanderzubewege, sagte er. Dies gelte vor allem für CSU-Chef Edmund Stoiber. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) sagte im RBB-Inforadio, es gebe zwar noch eine Reihe von Fragen, die geklärt werden müssten. "Da mittlerweile aber genügend Zeit zur Debatte gewesen ist, muss jetzt entschieden werden." Auch die Länder müssten kompromissfähig sein.
Quelle: ntv.de