Dickes Ende in Sicht Einschnitte nach der Wahl
21.09.2009, 18:23 UhrWas jede schwäbische Hausfrau weiß, können auch die Wahlkämpfer nicht komplett ignorieren. Bei der aktuellen Haushaltslage kommt nach der Wahl keiner ums Sparen herum.
Union und SPD haben für die Zeit nach der Bundestagswahl einen Sparkurs angekündigt. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagten unabhängig voneinander, dass es Einsparungen geben werde. Der Partei- und Fraktionschef der Linken, Oskar Lafontaine, kritisierte die angekündigten Einschnitte als "völlig ungerechtfertigt".
Noch vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai 2010 werde es "garantiert Veränderungen auf der Ein- und Ausgabenseite geben", sagte Steinbrück der "Süddeutschen Zeitung". Eine erneute Anhebung der Mehrwertsteuer schloss der Finanzminister aber aus. In der ARD sagte Steinbrück, angesichts der wirtschaftlichen Lage "läuft es auf eine erheblich schwierigere Lage auf der Einnahmen- wie auf der Ausgabenseite hinaus".
Ähnlich äußerte sich auch Guttenberg: "Es werden Jahre werden, wo gespart werden muss und manches Liebgewonnene auf den Prüfstand muss", sagte der Wirtschaftsminister ebenfalls in der ARD. Dennoch verteidigte Guttenberg auch die Ankündigung der CSU, es solle in der kommenden Wahlperiode trotz der schwierigen Haushaltslage Steuersenkungen geben. Die Jahre 2011 und 2012 böten angesichts des erwarteten Anziehens des Wachstums Spielräume dazu, sagte der CSU-Politiker.
Steinbrück der Doofmann?
Steinbrück attackierte die Steuersenkungsversprechen von Union und FDP scharf. "Union und FDP reden von Steuersenkungen und streuen den Leuten damit Goldstaub in die Augen, und ich soll als Doofmann in der Mitte sagen, welche Zumutungen der nächste Haushalt mit sich bringt? Nein, danke", sagte der Finanzminister und SPD-Vize der "Süddeutschen Zeitung" weiter.
Linken-Chef Lafontaine forderte Union und SPD auf, im Falle ihrer weiteren Regierungsbeteiligung nicht bei Arbeitnehmern, Rentnern und sozial Schwachen zu sparen. Sie hätten bereits vor der Krise tiefe Einschnitte in ihren Einkommen hinnehmen müssen. "Wenn jemand jetzt zur Kasse gebeten werden muss, sind es die großen Unternehmen, Börsenspekulanten und Vermögenden."
Der CDU-Finanzexperte Otto Bernhardt hält einen rigiden Sparkurs für die Bundesministerien für denkbar. Eine Fünf-Prozent-Sparquote sei möglich. Er warnte vor überzogenen Plänen von FDP und CSU für weitere Steuerentlastungen. "Wenn wir bei einem Wachstum bleiben von 1 bis 1,5 Prozent, glaube ich wirklich, dass mit den 15 Milliarden Euro, die wir vorhaben, eine Grenze erreicht ist", sagte der scheidende Bundestagsabgeordnete der Deutschen Presse-Agenturdpa.
FDP erwartet bessere Zeiten
Der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms warf Steinbrück vor, "bewusst falsche Zahlen" zu nennen. "Die Steuereinnahmen werden im Schnitt in den nächsten vier Jahren jährlich um 40 Milliarden Euro höher sein als in den vorausgegangenen vier Jahren", sagte Solms der dpa. Er gilt als möglicher Anwärter auf das Amt des Finanzministers in einer schwarz-gelben Koalition.
Der frühere BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel kritisierte die Aussagen von Steinbrück und Guttenberg ebenfalls. "Vertreter dieser Parteien deuten jetzt zwar an, dass nach der Wahl gespart werden muss, sagen aber nicht wo", sagte Henkel dem MDR.
Rote Zahlen
Die Schulden der öffentlichen Haushalte in Deutschland sind nach Angaben des Statistischen Bundesamts im ersten Halbjahr 2009 um 5,7 Prozent gestiegen. Die Schulden stiegen demnach bis zum 30. Juni um 87 Milliarden Euro auf insgesamt 1,602 Billionen Euro. Gegenüber dem Stand vom 30. Juni vergangenen Jahres betrug der Anstieg 7,2 Prozent beziehungsweise 107,5 Milliarden Euro, wie das Bundesamt mitteilte.
Quelle: ntv.de