Politik

Bauaufträge gehen raus Elbtalbrücke kommt

Im Streit um den Brückenbau im UNESCO-Welterbe Dresdner Elbtal erzwingt das Regierungspräsidium Dresden jetzt die Vergabe der ersten Bauaufträge. "Die Stadt bekommt am Freitag einen Bescheid, dass die Entscheidung getroffen ist", sagte ein Sprecher der Behörde.

Grund für diese Maßnahme ist die erneute Vertagung durch den Stadtrats-Ausschuss für Wirtschaftsförderung auf den 29. Juni. Vergeben werden sollen die Aufträge für die Brückenzufahrt auf der rechtselbischen Seite. Der Stadtratsausschuss wollte vor einer Entscheidung die Tagung des UNESCO-Welterbe-Komitees (23. Juni bis 2. Juli) abwarten.

Das für die Bauaufsicht zuständige Regierungspräsidium erklärte allerdings, die Zeit für einen Kompromiss sei abgelaufen. Da die Stadt Dresden die ersten Bauaufträge für die Brückenanbindung partout nicht vergebe, werde das Regierungspräsidium die Vergabeentscheidung auf Kosten und im Namen der Landeshauptstadt treffen. Auf Grund der eindeutigen Rechtslage erwarte man, dass Dresden keine neuen Kosten für alternative Brückenplanungen und Tunnelvarianten verursache.

Dresden ratlos

Die Stadt Dresden war zuvor damit gescheitert, den Bau der umstrittenen Brücke doch noch zu verhindern. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Verfassungsbeschwerde und den Eilantrag der sächsischen Landeshauptstadt nicht zur Entscheidung an. Damit ist ein Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom März, wonach die Bauaufträge für die "Waldschlösschenbrücke" vergeben werden müssen, wirksam. Die höchsten deutschen Richter entschieden, dass trotz der drohenden Aberkennung des Welterbestatus für das Dresdner Elbtal ein Bürgerentscheid für den Bau der Brücke berücksichtigt werden muss.

Gibt es noch einen Ausweg?

In der Stadt wird dennoch weiter nach Alternativen für die umstrittene Elbquerung gesucht. Am Freitag sollen neue Studien renommierter Architekturbüros vorliegen. Der amtierende Oberbürgermeister Lutz Vogel (parteilos) und Baubürgermeister Herbert Feßenmayr (CDU) bekräftigten am Mittwoch: "Wir werden der UNESCO während der Sitzung des Welterbekomitees vom 23. Juni bis 1. Juli in Neuseeland Varianten für einen Brückenbau vorlegen."

"Das ist ein Sieg für den Bürgerentscheid und die Demokratie", sagte Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) zur Entscheidung aus Karlsruhe. Andere Politiker plädierten hingegen dafür, die Suche nach einer Lösung des Konflikts nicht aufzugeben. "Ich unterstütze weiterhin die intensiven Bemühungen der Stadt Dresden, eine welterbeverträgliche Kompromisslösung zu finden", sagte Verkehrsminister Thomas Jurk (SPD). Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) betonte: "Jetzt ist politische Klugheit gefragt. Es geht darum, sehr verantwortungsvoll alle Möglichkeiten auszuloten, um den Titel zu behalten und dem Bürgerwillen gleichzeitig Rechnung zu tragen."

Um das rund 160 Millionen Euro teure Projekt wird seit Monaten gestritten. Befürworter erhoffen sich eine Entspannung für den Stadtverkehr. Nach Ansicht der UNESCO würde die Brücke das Panorama an der sensibelsten Stelle der Landschaft verschandeln. Die UN-Kulturorganisation hatte die rund 20 Kilometer lange Flusslandschaft Dresdner Elbtal im Sommer 2006 auf die Rote Liste gesetzt und bei einem Bau der Brücke mit Aberkennung des Titels gedroht.

Der Brückenbau war 1996 vom Stadtrat beschlossen worden. Als das Vorhaben nach geänderten Mehrheitsverhältnissen in Frage stand, sprach sich die Mehrheit der Dresdner 2005 in einem Bürgerentscheid dafür aus. Um den Welterbestatus zu erhalten, wollte die Stadt daraufhin die Baupläne aussetzen; sie verwies auch auf völkerrechtliche Verpflichtungen. Der Freistaat beharrte indessen unter Hinweis auf den Bürgerentscheid auf dem Bau.

Aus Sicht der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts bietet die Welterbekonvention "keinen absoluten Schutz gegen jede Veränderung der eingetragenen Stätten des Kultur- und Naturerbes". Die Vertragsstaaten des Übereinkommens hätten ausdrücklich die Souveränität der Staaten und bestehende Eigentumsrechte anerkannt. In Anbetracht des völkerrechtlichen Rahmens sei es verfassungsrechtlich möglich, dass sich der Bürgerwille als authentische Ausdrucksform unmittelbarer Demokratie in einem derartigen Konflikt durchsetze. Dies gelte vor allem dann, wenn zuvor Verhandlungen über eine Kompromisslösung erfolglos waren. Mögliche Nachteile - wie der Verlust des Welterbestatus - müssten in Kauf genommen werden, so die Karlsruher Richter.

Quelle: ntv.de

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