Politik

Jugendstrafen, Genmais und Rente Entscheidungen des Kabinetts

Der Jugendstrafvollzug soll in Teilen der Lebenswirklichkeit junger Straftäter angepasst werden. Das Kabinett stimmte einer Gesetzesänderung zu, wonach der Rechtsweg um die Möglichkeit der mündlichen Kommunikation mit dem nächsten Gericht erweitert wird. Das sei für Jugendliche im Strafvollzug wichtig, weil sie häufig ungeübt im Umgang mit Institutionen und der Schriftsprache seien.

Für Anträge auf gerichtliche Entscheidungen im Strafvollzug sollen künftig auch nicht mehr die in Zentren angesiedelten Oberlandesgerichte, sondern die näher gelegenen Jugendkammern an Landgerichten zuständig sein. "Diese verfügen über größere Erfahrung im Umgang mit jungen Straftätern," erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD).

Mit der Neuregelung kommt die Ministerin gleichzeitig einer Auflage des Bundesverfassungsgerichts nach, das mehr altersgerechte Bestimmungen für den Rechtsweg im Jugendstrafvollzug gefordert hatte. Der Strafvollzug selbst obliegt mit der im September 2006 in Kraft getretenen Föderalismusreform den Ländern. Im gerichtlichen Rechtsschutz liegt die Gesetzgebungskompetenz weiterhin beim Bund.

Mehr Abstand bei Gen-Anbau

Die Regierung verschärft die Regeln für den großflächigen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. Das Kabinett beschloss eine von Landwirtschaftsminister Horst Seehofer vorgelegte Novelle des Gentechnikgesetzes. Landwirte, die genveränderten Mais anbauen, müssen künftig einen Mindestabstand von 300 Metern zu Feldern mit Öko-Anbau einhalten. Zu Nachbaräckern mit konventionellen Maissaaten muss der Abstand dagegen nur 150 Meter betragen. Wie bisher muss ein Bauer haften, der schuld ist an gentechnischen Verunreinigungen eines anderen Feldes und dem Nachbarn damit Erlösausfälle beschert hat. Nach der Sommerpause befassen sich Bundestag und Bundesrat mit der Gesetzesnovelle. Heftige Kritik kam von Umweltschutzverbänden und von der Opposition.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bemängelte, die vorgesehenen Sicherheitsabstände seien viel zu gering und deshalb unverantwortlich. Gentechnisch veränderte Organismen könnten sich unkontrolliert ausbreiten. "Seehofers Gentechnikgesetz lädt dazu ein, Deutschlands Äcker zum Freiluftlabor für Gentechnikexperimente zu machen", sagte BUND-Expertin Heike Moldenhauer. Der Öko-Landbau-Verband Naturland forderte, auch bei einer gentechnischen Verunreinigung von weniger als 0,9 Prozent die Gen-Bauern in Haftung zu nehmen.

Die Grünen sprachen von einer Verschlechterung, weil die Landwirte untereinander mit Privatabsprachen die neuen Regeln unterlaufen könnten. Die FDP-Politikerin Christel Happach-Kasan warf der Regierung Verbrauchertäuschung vor. Die geplante Kennzeichnung "ohne Gentechnik" beziehe sich lediglich auf die Verwendung von Futtermitteln wie Mais oder Soja, lasse aber die Zusatzstoffe, Arzneimittel und Impfstoffe außen vor, die häufig verwendet und vielfach aus gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert würden.

Weiter Betriebsrentenförderung

Außerdem hat die Bundesregierung die weitere Förderung der Betriebsrenten durch eine Befreiung von den Sozialabgaben auch über 2008 hinaus beschlossen. Die Vorlage des Arbeitsministeriums sieht auch künftig vor, dass bei der Entgeltumwandlung keine Sozialabgaben und Steuern fällig werden. Diese Ende 2008 auslaufenden Regeln sollen unbefristet weiter gelten. Das Gesetz wird nun an Bundestag und Bundesrat zur Entscheidung weiter geleitet. Es sieht auch vor, dass die Beiträge zur Betriebsrente künftig schon ab dem 25. Lebensjahr des Arbeitnehmers sicher sind, also auch beim Wechsel in einen anderen Betrieb nicht mehr verfallen. Bisher lag diese Grenze bei 30 Jahren.

Die Bundesregierung wertete die betriebliche Vorsorge als Erfolgsmodell, das die gesetzliche Rente ergänze. "Die gesetzliche Rentenversicherung ist und bleibt auch in Zukunft die wichtigste Säule der Alterssicherung", erklärte das Arbeitsministerium. Der gewohnte Lebensstandard im Alter könne aber nur mit zusätzlicher betrieblicher oder privater Vorsorge gesichert werden. "Ziel der Bundesregierung ist deshalb eine möglichst flächendeckende Verbreitung der ergänzenden Alterssicherung - betrieblich, privat, oder am besten auf beiden Wegen zusammen."

Geteiltes Echo

Allerdings ist diese Position umstritten. Die Deutsche Rentenversicherung befürchtet, dass die betriebliche Vorsorge auf Kosten der gesetzlichen Rente gehen wird. "Der Aufbau einer Säule zu Lasten einer anderen Säule führt letzten Endes nicht zu einer besseren Alterssicherung, sondern das ist dann irgendwann ein Nullsummenspiel oder womöglich gar ein Negativspiel", sagte Präsident Herbert Rische. Wenn die abgabenfreie Entgeltumwandlung weiter laufe und dies ein Erfolgsmodell werde, dann habe dies Auswirkungen auch auf diejenigen, die keine Entgeltumwandlung betrieben oder betreiben könnten, "weil die Rentenanpassungen dadurch negativ beeinflusst werden können".

Dagegen stellte sich der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband hinter die Regierungspläne. Die gesetzliche Rente solle zwar auf künftig im Vordergrund stehen, werde aber nicht ausreichen, sagte Verbandschef Eberhard Jüttner im SWR. "Wir brauchen aus diesem Grund viele Bausteine." Er könne die Bedenken anderer Sozialverbände daher nur teilweise teilen.

Quelle: ntv.de

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