Politik

Wahlkampf in Köln Erdogan-Auftritt verärgert deutsche Politiker

Im August wird in der Türkei gewählt.

Im August wird in der Türkei gewählt.

(Foto: AP)

Während in Soma die Familien der Kumpel trauern, kümmert sich der türkische Ministerpräsident Erdogan vor allem um den Wahlkampf. Erdogans geplante Rede in Köln ruft nun Politiker von SPD, CSU und Grünen auf den Plan.

Deutsche Politiker haben den für kommenden Samstag in Köln geplanten Auftritt des in die Kritik geratenen türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan scharf kritisiert. Grünen-Chef Cem Özdemir kritisierte, mit seiner Reaktion auf das Grubenunglück verwandele Erdogan die tiefe Trauer vieler Türken in Wut. Erdogan hatte zuvor unter anderem die schlechte Sicherheitsbilanz der Kohlebergwerke in der Türkei heruntergespielt und gesagt: "Solche Unfälle passieren ständig."

Der Regierungschef könne jetzt nicht einfach Wahlkampf machen, fügte er mit Blick auf den geplanten Auftritt Erdogans in Köln hinzu. "Er muss die Trauer auffangen und Konsequenzen für Wirtschaft und Politik ankündigen, statt die Leute weiter vor den Kopf zu stoßen."

Erdogan wird nun auch vorgeworfen, einen Mann am Unglücksort in Soma geohrfeigt zu haben. Auf einem Video soll die Ohrfeige zu sehen sein - allerdings ist die Sequenz verwackelt, so dass sein Verhalten nur undeutlich zu erkennen ist. Erdogan war bei seinem Besuch in Soma am Mittwoch von einer Menschenmenge ausgebuht und ausgepfiffen worden. Sicherheitskräfte bahnten ihm den Weg durch Demonstranten in ein Geschäft. Dabei soll es zu dem Vorfall gekommen sein.

Missbrauch des Gastrechts

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD) forderte Erdogan auf, seine Rede in der Lanxess-Arena abzusagen. "Ich halte den Besuch in Ablauf und Inhalt für abwegig und unangemessen", sagte er der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung". "Der Besuch kommt einem Missbrauch des Gastrechts nahe."

"Einen Tag vor dem deutschen Europawahltag eine türkische Erdogan-Huldigungsshow in Köln zu veranstalten, ist inakzeptabel", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer dem "Spiegel". Erdogan dürfe seine "Wahlkampfschlachten" nicht nach Deutschland verlagern. Scheuers Parteifreundin Gerda Hasselfeldt, Chefin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, hofft, "dass Herr Erdogan seinen Auftritt in Köln nicht missbraucht und nicht versucht, die in Deutschland lebenden Türken für seine Zwecke zu instrumentalisieren". Generalsekretär Scheuer ist sich jedoch sicher, dass es anders kommt: "Wir wissen doch alle, dass er entgegen aller Beteuerungen im Vorfeld in seiner Rede überdrehen und scharfmachen wird."

Würdigung der UETD

Erdogans Partei AKP hat betont, der Auftritt in Köln sei keine Wahlkampfveranstaltung, sondern würdige das zehnjährige Bestehen der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). Die UETD gilt jedoch als Lobby-Verein von Erdogans islamisch-konservativer AKP. Kritiker gehen davon aus, dass Erdogan türkischer Präsident werden und in Köln um Stimmen werben will. Es wird auch nicht ausgeschlossen, dass Erdogan auf der Bühne der Kölner Halle seine erwartete Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im August erklärt. An der Wahl am 10. August dürfen erstmals auch die in Deutschland lebenden Türken teilnehmen.

Außerdem könnte er Revanche für die Kritik nehmen, die Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem jüngsten Türkei-Besuch an der türkischen Regierung geäußert hatte. "Das ist nicht akzeptabel", sagt CSU-General Scheuer. Erdogan habe ein "dickes Problem" mit dem deutschen Demokratieverständnis. "Menschenrechte und Meinungsfreiheit werden in der Türkei mit Füßen getreten", sagt Scheuer. Landesgruppenchefin Hasselfeldt pflichtet ihm bei: "Das aggressive Verhalten von Herrn Erdogan und der Umgang mit seinen Kritikern in den vergangenen Wochen zeichnen ein verheerendes Bild."

Quelle: ntv.de, sba/dpa

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