Merkel-Besuch in der Türkei Erdogan umgarnt die Kanzlerin
25.02.2013, 20:26 Uhr
Prächtige Stimmung bei Erdogan und Merkel.
(Foto: dpa)
Bis zu einem möglichen EU-Beitritt der Türkei ist es ein weiter Weg. Angela Merkel ist zwar skeptisch gegenüber einer Vollmitgliedschaft Ankaras, will aber die Verhandlungen wieder in Gang bringen. Der türkische Ministerpräsident Erdogan dagegen gibt sich derweil optimistisch und sagt: "De facto sind wir bereits in der EU."
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich um Unterstützung in den Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei gebeten. "Ich hoffe, dass Deutschland diese Unterstützung gewährt", sagte er nach einem Treffen mit Merkel in Ankara.
Merkel will den Stillstand in den Verhandlungen überwinden und sprach sich aber auch gegenüber Erdogan dafür aus, ein weiteres Kapitel in den Verhandlungen zu öffnen. "Von mir ist bekannt, dass ich zu einer EU-Vollmitgliedschaft der Türkei eine skeptische Haltung habe. Aber ich stehe voll dazu, dass der Prozess ergebnisoffen geführt werden", sagte die Kanzlerin. Den von ihr bisher benutzten Begriff der "privilegierten Partnerschaft", die die Türkei ihrer Ansicht nach anstelle einer vollen Mitgliedschaft haben könnte, wiederholte sie aber nicht.
Das Problem mit Zypern
Erdogan betonte die engen wirtschaftlichen Beziehungen beider Staaten. So seien in der Türkei inzwischen etwa 5000 deutsche Firmen vertreten, die mehr als 350.000 Menschen beschäftigten. Auch in Deutschland gebe es türkische Investoren. "De facto sind wir bereits in der EU", sagte Erdogan. Ein Haupthindernis für Fortschritte ist bisher der Streit um Zypern. Die Türkei, die 30.000 Soldaten in der Türkischen Republik Nordzypern stationiert hat, erkennt das EU-Mitglied Zypern mit seiner griechisch-zyprischen Regierung im Süden nicht an. Aufgrund der türkischen Weigerung, ihre See- und Flughäfen für Schiffe und Flugzeuge aus Zypern zu öffnen, blockiert der Europäische Rat 14 Verhandlungskapitel.
Merkel setzte sich dafür ein, das Kapitel zur Regionalpolitik dennoch zu öffnen. Nötig seien aber Fortschritte bei der Umsetzung des Ankara-Protokolls, mahnte sie. Dieses weitet die Zollunion zwischen der EU und der Türkei auch auf die neuen EU-Mitglieder aus - darunter Zypern.
"Da sind wir sehr penibel"
Merkel forderte Freiheiten für religiöse Minderheiten in der Türkei. "Wir setzen uns dafür ein, dass sich alle Religionsgemeinschaften frei bewegen können", sagte sie. Am Abend traf sie sich mit Vertretern von Religionsgemeinschaften in der Türkei, darunter die Minderheit der Christen. Zur Lage inhaftierter Journalisten in der Türkei habe Erdogan erklärt, er wolle Fragen zu ungerechtfertigten Strafen beantworten und Unterlagen übermitteln, sagte Merkel.
Die Kanzlerin sprach auch über die Mordserie der rechtsextremen Terrorzelle NSU in Deutschland. Man werde alles tun, um die Taten aufzuklären und Verantwortliche zu bestrafen. Merkel versicherte Erdogan zudem, Deutschland werde den Kampf gegen die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK weiter unterstützen. "Alles was in unserer Macht steht, Terrorismus zu bekämpfen, werden wir tun", versicherte Merkel. "Da sind wir sehr sensibel und gehen allen Verdachtsmomenten nach."
Am Morgen hatte Merkel frühchristliche Kulturdenkmäler in der zentralanatolischen Region Kappadokien besichtigt. Die zum Teil weit mehr als 1000 Jahre alten Höhlenkirchen gehören zum Unesco-Weltkulturerbe. Die Kanzlerin wollte ihre Wertschätzung der Türkei auch als Kulturnation ausdrücken.
Quelle: ntv.de, dpa