Politik

Bis zu 100 neue Verdächtige Ermittlungen gegen KZ-Aufseher

Späte Gerechtigkeit? 50 frühere Aufseher des Auschwitzer Vernichtungslagers könnten bald vor Gericht stehen.

Späte Gerechtigkeit? 50 frühere Aufseher des Auschwitzer Vernichtungslagers könnten bald vor Gericht stehen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Rund 68 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nehmen deutsche Behörden die Verfolgung mutmaßlicher Nazi-Verbrecher wieder auf. Ziel sind seit dem erfolgreichen Urteil gegen John Demjanjuk mutmaßliche frühere KZ-Aufseher. Die Zahl der Verdächtigen könnte sich leicht auf bis zu 100 Personen erhöhen - alle bereits um die 90 Jahre alt.

Nach Ermittlungen zu 50 mutmaßlichen früheren Aufsehern aus dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau wollen Fahnder ihre Suche nun ausdehnen. "Wir schauen jetzt darauf,  wer in Treblinka, Sobibor, Belzec und Majdanek Dienst getan hat", sagte der Leiter der Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen im baden-württembergischen Ludwigsburg dem Nachrichtenmagazin "Focus". Die Zahl der Verdächtigen könnte sich von derzeit 50 auf bis zu knapp 100 Personen erhöhen, sagte Kurt Schrimm.

Die ersten der Auschwitz -Fälle könnten in drei bis vier Monaten an die zuständigen Staatsanwaltschaften abgegeben werden. Jeweils neun der insgesamt 50 Auschwitz-Aufseher wohnen laut Schrimm in Bayern und Baden-Württemberg, vier weitere kommen aus Nordrhein-Westfalen.

Urteil gegen Demjanjuk öffnete die Tür

Einem Bericht des "Spiegel" zufolge wurden Tausende Vorermittlungsverfahren gegen mutmaßliche KZ-Schergen nicht eingeleitet, weil die Zentrale in der Vergangenheit der fragwürdigen Rechtsansicht war, dass KZ-Aufsehern konkrete Einzeltaten nachzuweisen seien, was zumeist unmöglich war. In einer Fachzeitschrift räumte nun Staatsanwalt Thilo Kurz ein, dass anderslautende Urteile des Bundesgerichtshofs eine Strafverfolgung wegen Beihilfe gleichwohl ermöglicht hätten.

Auch Schrimm hält es seit dem Urteil gegen John Demjanjuk, der Wachmann im Lager Sobibor war, für aussichtsreich, gegen KZ-Aufseher Prozesse zu führen - selbst, wenn ihnen unter anderem aus Mangel an Zeugen keine direkte Tatbeteiligung nachgewiesen werden kann.

Demjanjuk war 2011 wegen Beihilfe zum Mord in 20.000 Fällen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, das Landgericht München bezeichnete ihn damals als "Teil der Vernichtungsmaschinerie". Anders als früher reiche seit diesem Spruch "jede Tätigkeit in einem Konzentrationslager aus, um wegen der Beihilfe zum Mord zu verurteilen", sagte Schrimm. Das öffnete die Tür für die jetzigen Ermittlungen - auch wenn die Verdächtigen mittlerweile alle um die 90 Jahre alt sein dürften.

Quelle: ntv.de, jve/AFP

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