Putins Stress-Tour durch den Westen Erst Brüste, dann noch "Homos"
08.04.2013, 21:26 Uhr
Klare Ansage auf nackter Haut - die Polizei greift ein.
(Foto: dapd)
West-Europa reagiert empfindlich auf den russischen Präsidenten Putin. Am Vormittag düpieren ihn nackte "Femen"-Aktivistinnen, am Nachmittag bekommt er den Zorn niederländischer Homosexueller zu spüren. Putin gibt sich ganz entspannt - im Unterton jedoch zeigt sich sein Ärger über die Aktionen.
Der Kreml-Chef zeigt zunächst noch demonstrativ Wohlwollen: Nach der Oben-ohne-Attacke gegen Wladimir Putin auf der Hannover Messe überlässt Russland eine mögliche Bestrafung der Frauen Gastgeber Deutschland. "Niemand von russischer Seite hat Deutschland in irgendeiner Weise gebeten, die Aktivistinnen der Bewegung "Femen" zu bestrafen", sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Zwar sollte "Rowdytum" grundsätzlich strafbar sein. "Das sind jedoch nicht unsere Rowdys - es ist nicht an uns, sie zu bestrafen", sagte Peskow.
Bei der Tat handelt es sich möglicherweise um Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten. Nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches liegt ein sogenanntes Antragsdelikt vor: Ermittlungen werden nur weiterverfolgt, wenn der Beleidigte dies wünscht. Offenbar ist das also nicht der Fall.
Fünf Frauen, die "fuck dictator" auf ihre Brüste geschrieben hatten, waren beim Messerundgang schreiend auf den russischen Präsidenten zugestürmt. Die "Femen"-Aktivistinnen wurden von Leibwächtern gestoppt, bevor sie Putin erreichten. Die Frauen im Alter von 18 bis 33 Jahren wurden vorläufig festgenommen. Es handelt es sich bei den Frauen um zwei Deutsche, zwei gebürtige Ukrainerinnen und eine gebürtige Russin.
Wohl keine Berichte
Im Unterschied zu bisherigen Attacken dürften vulgäre Äußerungen der selbsternannten "Sextremistinnen" der Gruppe diesmal in Putins Heimat wohl nicht zitiert werden - wegen eines neuen Gesetzes. Danach können Kraftausdrücke in russischen Medien mit bis zu umgerechnet 5000 Euro bestraft werden.
Nach seinem Aufenthalt in Hannover besuchte der russische Präsident Amsterdam. Mehrere tausend Menschen demonstrierten dort gegen Einschränkungen der Menschenrechte in Russland und das geplante Gesetz gegen Homosexuelle. Putin musste also erneut Kritik zurückweisen. Sexuelle Minderheiten würden in Russland nicht verfolgt, sagte er. "Sie haben genau wie andere alle Rechte, sie machen Karriere und werden mit Staatsorden ausgezeichnet."
Die Demonstration von halbnackten Frauen am Morgen in Hannover nannte Putin schließlich dann aber doch geschmacklos. Und angesichts der niederländischen Demonstranten polterte er, wohl doch langsam genervt: "Ich bin froh, dass die Homos in Amsterdam ihre Kleider nicht ausgezogen haben."
Rund 3000 Menschen demonstrierten nach Angaben der Veranstalter mit Musik, Transparenten und Flaggen vor dem Schifffahrtsmuseum in Amsterdam, in dem Putin seinen Kurzbesuch mit einem Abendessen mit Unternehmern aus beiden Ländern abschloss. "Putin go homo" lautete einer der Slogans der Demonstranten. Auf zahlreichen öffentlichen Gebäuden wie dem Rathaus war die Regenbogenflagge gehisst, das Symbol der Homosexuellenbewegung.
Harte Linie
Unterdessen bleibt Putin trotz massiver Kritik von Merkel bei seinem harten Kurs im Streit über ausländische Stiftungen. Er verteidigte das umstrittene Gesetz, wonach sich mit ausländischem Geld finanzierte Organisationen als "Agenten" registrieren lassen müssen. Merkel forderte ihn auf, die Arbeit der Stiftungen nicht weiter zu behindern. Eine lebendige Zivilgesellschaft könne nur entstehen, wenn solche Organisationen ohne Angst arbeiten könnten.
In Russland waren jüngst bei Razzien auch deutsche Organisationen wie die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung durchsucht worden. Putin wird seit längerem vorgeworfen, Menschenrechte zu verletzen und die Entwicklung der Demokratie in seinem Land zu blockieren.
Merkel zeigte sich besorgt über die Razzien und nahm die Stiftungen in Schutz. "Natürlich ist es eine Störung und ein Eingriff, wenn Festplatten einfach kontrolliert werden, obwohl die Arbeit dieser Stiftungen nach unserer Kenntnis sehr ordnungsgemäß ist." Putin betonte, es gehe ihm um eine Kontrolle der Finanzierung. Die Geldströme aus dem Ausland an Nichtregierungsorganisationen in seinem Land nannte er besorgniserregend. "Unsere Bürger sind berechtigt zu wissen, woher das Geld kommt." Gesetze wie das russische gebe es auch in anderen Ländern, zum Beispiel in den USA, betonte Putin. Die Stiftungen könnten aber weiter arbeiten.
Außenminister Guido Westerwelle begrüßte die deutliche Kritik Merkels an dem russischen Vorgehen. "Wir verfolgen gegenüber Russland eine Politik der klaren Botschaften", sagte er. Allerdings dürfe man bei aller Kritik den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen.
Quelle: ntv.de, jmü/AFP/dpa