Haftstrafe für Berlusconi wegen Sex mit Minderjähriger Es kommt knüppeldick für den guten Silvio
24.06.2013, 22:01 Uhr
Berlusconi sagt, er habe damit nicht gerechnet, "weil es absolut keine Möglichkeit für einen auf Beweisen basierenden Schuldspruch" gebe.
(Foto: dpa)
Der im sogenannten Rubygate-Prozess zu sieben Jahren Haft und dem Ausschluss von allen öffentlichen Ämtern verurteilte italienische Ex-Regierungschef Berlusconi muss schwer schlucken. Auch wenn er in Berufung geht, ist der Ruby-Prozess nicht sein einziger Klotz am Bein.
Im Gerichtssaal direkt neben mir steht Daniela Santanché, die engste Vertraute von Silvio Berlusconi. Sie gilt als seine Nachfolgerin. Politisch knallhart, aber eben keine Strafprozesse am Hals. Der kleine Gerichtssaal im ersten Stock des Tribunals von Mailand ist bis auf den letzten Platz mit Journalisten gefüllt, über 300 aus aller Welt sind nach Mailand gekommen.
Daniela ist noch guten Mutes. "Sie werden es nicht wagen", meint sie. Als die Gerichtspräsidentin Giulia Turri das Urteil verliest, schon nach den ersten Worten, wird Danielas Gesicht zu Stein. "Im Namen des italienischen Volkes, in Betrachtung des Paragrafen 533." Da ist allen Justizreportern klar: Es ist eine Verurteilung, kein Freispruch. "Wir werden es nicht zulassen", meint sie zu mir, "dass politische indoktrinierte Richter und Staatsanwälte unseren Führer ausschalten". Die Parteifreunde Berlusconis schäumen vor Wut. Sieben Jahre Haft ist ein Jahr mehr, als die Staatsanwaltschaft gefordert hat. Das ist ein Affront.
Weiterer Ärger steht ins Haus
Es hat Berlusconi nichts genutzt, dass er die drei Richterinnen während des Prozesses als kommunistische Feministinnen beschimpfte. Sicher, die Haftstrafe muss noch vom Berufungsgericht und auch vom allerhöchsten Gericht Italiens, dem Kassationshof in Rom, bestätigt werden, um endgültig rechtskräftig zu werden. Das kann noch zwei Jahre dauern. Doch es wird nun sehr eng für Berlusconi, denn das moralisch vernichtende Urteil im Ruby-Prozess ist ja nicht der einzige juristische Ärger im Hause des Milliardärs.
Letzte Woche verwies das Oberste Berufungsgericht einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht von Mailand; das bedeutet, dass das letztinstanzliche Urteil im Steuerhinterziehungsprozess Mediaset im Herbst gesprochen werden kann. An diesem Donnerstag entscheidet der Oberste Kassationsgerichtshof in Rom über die Entschädigungssumme, die Berlusconi an seinen alten Rivalen Carlo De Benedetti zahlen muss, weil Berlusconi sich unrechtmäßig mit Hilfe von Richterbestechung in den Besitz des größten Verlags Italiens, Mondadori, gebracht hatte.
Es wird teuer für Berlusconi
De Benedetti ging Mitte der 90er Jahre leer aus, in einem Schiedsgerichtsverfahren, welches aber von Berlusconis Anwalt und zeitweilig auch Verteidigungsminister Italiens, Cesare Previti, gekauft worden war. Ein längst rechtskräftiges Urteil. Es fehlt nun nur noch die Festlegung der Entschädigungssumme für den Betrogenen, und die muss Silvio Berlusconi zahlen, der Nutznießer des Verbrechens. Warum der Prozess so lange dauert? Weil dieser wie alle anderen Prozesse von Berlusconis Anwälten mit allen Tricks und Kniffen des Verfahrensrechtes und den Machtmitteln des Regierungschefs immer wieder hinausgezögert worden ist, nicht selten auch dadurch, dass man einfach die Gesetze, die Berlusconis Fälle betrafen, nachträglich abgeändert hat. Immer zu seinen Gunsten, versteht sich.
Nun aber steht der tiefe Griff in die Kasse an. Dabei geht es um die hübsche Summe einer halben Milliarde Euro, die Berlusconi als Entschädigung für den jahrelangen unrechtmäßigen Besitz zahlen muss. Wahrhaft kein Pappenstiel. Wie man sieht, es kommt knüppeldick für den guten Silvio.
Entweder Ruhe oder Regierung weg
Hab ich etwas vergessen? Ach ja, in Neapel wird Ende des Monats ein neuer Prozess eröffnet. Dabei geht es um den Kauf von Abgeordneten zum Sturz der Regierung von Romano Prodi im Jahr 2007. Dass dort Millionen Euro geflossen sind, hat einer der korrumpierten Abgeordneten jetzt gestanden. Es ist sicher ein Wunder, dass Berlusconi immer noch steht, dass er noch kämpft. Stützen kann er sich dabei – neben einer Armee von Getreuen, die sich "Silvios Armee" nennt, 17.000 allertreueste Anhänger, die ihn verteidigen wollen und sich paramilitärisch in ganz Italien organisiert haben - auf eine absolut seltsame Rechtsauffassung, die in weiten Teilen der Öffentlichkeit Italiens durchaus nicht wenige Anhänger hat: Dass Italien eine "Befriedung" zwischen links und rechts brauche, und dass der wesentliche Teil dieser Befriedung Italiens darin bestehen müsse, dass man die Prozesse gegen Berlusconi im Namen des inneren Friedens niederschlagen müsse. Das ist schon sehr seltsam, aber genau das fordern seine Anhänger jetzt lauthals, anderenfalls wolle man die Regierung von Enrico Letta stürzen.
Entweder ein totaler Stopp aller Prozesse oder das Ende der Regierung. Über kurz oder lang, eher über sehr kurz, am besten nach den Sommerferien. Doch um die Prozesse von Berlusconi niederzuschlagen, müsste man wohl das Strafgesetzbuch Italiens abschaffen. Zu lang ist die Liste der Straftaten, der er sich mittlerweile erwehren muss, für die ihn immer häufiger die Gerichte seines Landes verurteilen.
Quelle: ntv.de