Politik

Staatsanwalt wirft Whistleblower Egoismus vor Es wird eng für Bradley Manning

Manning erscheint stets in seiner Paradeuniform vor Gericht.

Manning erscheint stets in seiner Paradeuniform vor Gericht.

(Foto: dpa)

Edward Snowden dürfte ganz genau nach Fort Meade schauen. Denn hier hat nicht nur der Geheimdienst NSA seinen Sitz, nein, hier findet auch der große Whistleblower-Prozess gegen Bradley Manning statt. Der 25-Jährige bekam nun das Plädoyer des Staatsanwalts zu hören - und das fiel schonungslos aus.

Bradley Manning lächelt. Kurz bevor er Hunderttausende streng vertrauliche Dokumente an Wikileaks verschickte, stellte sich der US-Obergefreite vor einen Spiegel und knipste ein Selbstporträt - gewissermaßen um den Moment festzuhalten, der sein Leben verändern sollte. Ist dieses Bild der Beweis, dass Manning bei seinen Enthüllungen böse Absichten verfolgte und seinem Land bewusst schaden wollte?

Im Prozess gegen den 25 Jahre alten US-Whistleblower hat ihm die Staatsanwaltschaft nun vorgeworfen, vertrauliche Dokumente aus Eigennutz weitergereicht zu haben. "Er war nur daran interessiert, es zu etwas zu bringen", sagte Staatsanwalt Ashden Fein in seinem rund fünfstündigen Schlussplädoyer. "Er war kein Humanist, er war ein Hacker."

Ihm droht lebenslänglich

Manning hat bereits gestanden, Hunderttausende geheime Dokumente aus Armeedatenbanken an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergereicht zu haben. In den meisten Anklagepunkten beteuerte er seine Unschuld. Er habe das getan, um die Öffentlichkeit über den Krieg und Kriegsgräuel zu informieren. Er habe keine böse Absichten gehabt, sagte er. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf die Maximalstrafe und fordert insgesamt lebenslang plus 154 Jahre Haft.

Ihm arbeitete Manning zu: Wikileaks-Gründer Julian Assange.

Ihm arbeitete Manning zu: Wikileaks-Gründer Julian Assange.

(Foto: REUTERS)

Stundenlang habe Manning nur nach Dingen gesucht, die Wikileaks interessieren könnten, so Fein. Dank seiner speziellen Ausbildung habe der Armee-Obergefreite sehr genau gewusst, welche Konsequenzen ihm für seine Handlungen drohten, sagte Staatsanwalt Fein.

"Er war keine bedrängte junge Seele, er war ein entschlossener Soldat mit dem Wissen, der Fähigkeit und dem Willen, den USA und deren Kriegsanstrengungen zu schaden." Der Staatsanwalt fügte hinzu: "Er war kein Whistleblower, er war ein Verräter (...)." Manning habe um den Wert der weitergereichten Dokumente für den Feind gewusst.

Ihm sei auch klar gewesen, dass er eine entscheidende Rolle darin spielte, das Verteidigungsministerium der USA zu schützen. Mehrfach zeigte Fein während des Plädoyers eines der mehr als 160 Beweisstücke: Eben jenes Foto, das Manning von sich gemacht haben soll, kurz bevor er die streng vertraulichen Dokumente abschickte.

Ist der Whistleblower ein Egoist?

Manning habe vor allem um die Gunst von Wikileaks-Chef Julian Assange gekämpft, sagte Fein: "Es ist offenkundig, dass Manning so viel Informationen wie möglich sammelte, um Assange zu gefallen." Die Plattform bestehe im Grunde genommen nur aus "Informations-Anarchisten", sagte Fein. "Der einzige Mensch, der dem Obergefreiten Bradley Manning wichtig war, war er selbst."

Um ein geringeres Strafmaß für den Whistleblower zu erwirken, stellte die Verteidigung Anträge, die Anklagen wegen Diebstahls von Regierungseigentum aus Mangel an Beweisen fallen zu lassen. Die Richterin lehnte diesen Antrag jedoch ab. Manning trug im Gerichtssaal wie zuvor seine dunkelblaue Paradeuniform. Die Wortwechsel verfolgte er gespannt und stumm und meldete sich nicht zu Wort. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden für die Schlussphase des Prozesses verschärft.

Dateien für bin Laden

Das Verfahren vor dem Militärgericht in Fort Meade bei Washington ist der erste große Prozess gegen einen Whistleblower. Während seiner Stationierung im Irak 2010 soll Manning die Hunderttausenden geheimen Dokumente aus Armeedatenbanken gestohlen und an Wikileaks weitergereicht haben.

Die Anklage erhob im Prozess schwere Vorwürfe, darunter "Unterstützung des Feindes" (aiding the enemy), worauf die Todesstrafe droht - die Staatsanwaltschaft verzichtete jedoch darauf, diese zu fordern. Von Manning veröffentlichte Dokumente wurden später auf dem Computer von Terrorchef Osama bin Laden gefunden, dem Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001.

Das Manning-Verfahren könnte Beobachtern zufolge zum Präzedenzfall für weitere Whistleblower werden, darunter für Wikileaks-Chef Julian Assange und den von den USA gesuchten Edward Snowden, der die NSA-Spionage öffentlich gemacht hatte. Der Prozess hatte Anfang Juni begonnen, das Urteil wird in Kürze erwartet. Das Strafmaß wird allerdings erst später verkündet.

Quelle: ntv.de, Johannes Schmitt-Tegge und Dominik Wurnig, dpa/AFP

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