Mehr Schulden als geplant Euro-Rettung bremst Defizit-Abbau
03.07.2011, 18:39 Uhr
Schäuble würde gerne mehr sparen.
(Foto: dpa)
Griechenlands Schulden sind auch Deutschlands Schulden: Die Milliarden-Hilfen zur Euro-Stabilisierung treiben Bundesfinanzminister Schäuble dazu, beim Schuldenabbau wieder einen Gang zurückzuschalten – obwohl die Wirtschaft boomt und die Steuereinnahmen immer besser werden.
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Schäuble (CDU kommt beim Defizit-Abbau nicht so voran wie noch im März erhofft. Das geht aus dem zur Veröffentlichung freigegebenen Haushaltsentwurf Schäubles für 2012 und dem Finanzplan bis 2015 hervor, der am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden soll.
Trotz Konjunkturbooms und sprudelnder Einnahmen sieht Deutschlands oberster Kassenwart angesichts weiterer Milliarden-Budgetrisiken kaum Spielraum für Steuersenkungen. Zwar fällt die Neuverschuldung des Bundes in diesem Jahr mit weniger als 30 Milliarden Euro und im kommenden Jahr mit 27,2 Milliarden Euro weit geringer aus als zuletzt veranschlagt. In den Folgejahren kann Schäuble die Nettokreditaufnahme aber weniger stark drücken als noch im März geplant. Bis 2015 soll die Neuverschuldung nun auf 14,7 Milliarden Euro sinken. Im März waren 13,3 Milliarden vorgesehen.
Das gesamtstaatliche Defizit von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialkassen könnte 2011 dank der Wirtschafts- und Beschäftigungs-Entwicklung wohl auf unter 2 Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt werden, wie aus dem Finanzministerium verlautete. Erlaubt ist nach dem Maastricht-Vertrag eine Defizitquote von maximal 3,0 Prozent. Auch 2012 sei ein "respektables" Ergebnis zu erwarten, hieß es.
"Wir setzen unseren wachstumsfreundlichen Konsolidierungskurs fort", hieß es. Die Haushaltslage habe sich verbessert, sei aber noch nicht zufriedenstellend. Die Neuverschuldung werde 2012 immer noch mehr als doppelt so hoch ausfallen wie 2008.
Spielraum für Steuersenkungen eingeengt
Einnahmeausfälle durch Steuersenkungen noch vor der Bundestagswahl Ende 2013 sind in den Haushaltsplänen nicht berücksichtigt. "Wenn überhaupt, besteht nur ein sehr begrenzter Spielraum für mittel- und langfristig wirkende strukturelle Belastungen."
Zwar dürften die Steuereinnahmen unterm Strich auch 2012 um zwei Milliarden Euro höher ausfallen als erst im Mai vorhergesagt. Und auch bei der nächsten Steuerschätzung im November sei eine Korrektur der Einnahmen nach oben wahrscheinlich. Es gebe aber weiter hohe Haushaltsrisiken, ungelöste Probleme und neue Milliardenlasten.
Nach wie vor offen ist etwa, wie eine Sparvorgabe von je 4,8 Milliarden Euro für 2014 und 2015 noch erwirtschaftet wird. Über mögliche Steuersenkungen müsse nach der Einnahmeprognose Anfang November "im Lichte der Risiken" entschieden werden. "Wer mehr möchte, muss an anderer Stelle sparen." Die Haushaltspläne werden Ende November von Koalition und Bundestag endgültig verabschiedet.
Euro-Rettungsfonds belastet zusätzlich
Als wesentliche neue Belastung gegenüber den Etat-Eckpunkten von Mitte März schlagen ab 2013 alljährlich 4,3 Milliarden Euro zu Buche, die der Bund an den künftigen Euro-Rettungsfonds ESM abführen muss. Bei Zinsen werden für 2012 und 2013 bis zu zwei Milliarden Euro mehr veranschlagt. Das satte Steuerplus erhöht automatisch auch den Zuschuss an die Rentenkasse. Hinzu kommt jährlich eine Milliarde Euro für "Überhangpersonal" bei der Bundeswehr.
Auf der Habenseite schlagen gegenüber März Mindereinnahmen von einer Milliarde Euro bei der Atomsteuer zu Buche. Die ab 2012 angestrebten Einnahmen von jährlich 2 Milliarden Euro aus einer neuen Finanzsteuer wurden vorerst auf 2013 verschoben. Offen ist, ob die Abgabe angesichts internationaler Widerstände überhaupt kommt.
Im Zuge der Energiewende fehlen Schäuble Einnahmen aus der Veräußerung von Verschmutzungsrechten der Industrie. Sie sollen komplett in den Energie- und Klimafonds fließen. Die Bundesagentur für Arbeit muss zudem einen geringeren Kredit abzahlen. Immerhin plant Schäuble nun, 2012 mehr Staatsbesitz zu veräußern.
Neue Kredite sollen Lücke schließen
Für 2012 sind Gesamtausgaben von 306 Milliarden Euro veranschlagt, gut zwei Milliarden mehr als im März. Sie sollen bis 2015 auf 315 Milliarden Euro klettern, 5,5 Milliarden Euro mehr als im Frühjahr.
Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben muss der Bund mit neuen Krediten schließen: Nach weniger als 30 Milliarden in diesem und 27,2 Milliarden Euro im nächsten Jahr (im März waren für 2012 noch 31,5 Milliarden veranschlagt) plant Schäuble für 2013 eine Neuverschuldung von 24,9 Milliarden Euro - gegenüber 22,3 Milliarden in den März-Eckwerten. 2014 sollen es nun 18,7 statt 15,3 Milliarden sein.
Quelle: ntv.de, dpa