Politik

Merkel trifft auf Hollande Europa ringt um Reformen

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande.

(Foto: REUTERS)

Europa ist gespalten. Während Deutschland die tiefere Integration zur Voraussetzung von Hilfen macht, hält Frankreich die umgekehrte Reihenfolge für besser. Auf dem Gipfel in Brüssel ist Streit zwischen Kanzlerin Merkel und Präsident Hollande wohl unvermeidlich. Dabei ist die Vergemeinschaftung von Schulden nicht das einzige Konfliktfeld.

Das Ziel ist ambitioniert: Die Europäer wollen die Lehren aus der Krise ziehen und sowohl die EU als auch die Eurozone grundlegend reformieren. Auf dem am Nachmittag beginnenden Gipfel in Brüssel stehen Vorschläge zur Debatte, die einen radikalen Umbau der Wirtschafts- und Währungsunion bedeuten würden. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg – kurz vor dem Beginn des Treffens zeigen sich wieder die alten Konfliktlinien.

Frankreich führt die Gruppe der Länder an, die vorrangig finanzielle Hilfen für in Bedrängnis geratene Staaten fordern. Erst danach wollen sie die Reformen in der EU angehen. Dagegen stemmt sich vor allem Deutschland und besteht auf einer umgekehrten Reihenfolge.

Diskussionsgrundlage auf dem Gipfel ist ein Papier, dass von der EU-Spitze unter Ratspräsident Herman Van Rompuy erarbeitet worden ist. Bei der Bundesregierung stoßen einige Vorschläge allerdings auf wenig Gegenliebe. In dem Papier wird nicht nur ein Fonds zur Tilgung von Altschulden angeregt, sondern auch die Ausgabe gemeinsamer Euro-Anleihen mit kurzen Laufzeiten. Gegen beides sträubt sich die Bundesregierung seit nunmehr zwei Jahren, und auch jetzt heißt es nur knapp: "Wir lehnen das ab."

Bundesregierung will mehr Integration

Vor diesem Hintergrund präsentierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nur zwei Tage vor dem Gipfel eigene, weitreichende Vorschläge. Darin geht es um eine tiefere Integration innerhalb der Europäischen Union. Schäuble dringt auf größere Schritte hin zu einer Fiskalunion und fordert unter anderem Eingriffsrechte des EU-Währungskommissars in nationale Haushalte. Die Bundesregierung hält es für nicht akzeptabel, dass jedes Mitgliedsland selbst über Steuern und Ausgaben bestimmt, die Konsequenzen aus der Haushaltspolitik aber von der gesamten Währungsunion getragen werden müssen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel pocht seit Monaten darauf, dass die Eurozone nur stabilisiert werden kann, wenn es eine sehr viel engere politische Abstimmung und wirtschaftspolitische Koordinierung gibt. Doch Frankreich bremst. Die Umsetzung einer politischen Union in der EU sei erst in der Zeit nach den Europawahlen 2014 zu machen, sagt Präsident Francois Hollande. Eine politische Union sei die Phase, die der Fiskalunion, der Bankenunion und der sozialen Union nachfolge.

Streit um Bankenaufsicht

Dabei ist die Vergemeinschaftung von Schulden nicht das einzige Konfliktfeld. Streit zwischen Merkel und Hollande gibt es auch um den Zeitplan für den Aufbau einer einheitlichen Bankenaufsicht in der Eurozone. Frankreich steht dabei an der Spitze der Südländer, die möglichst schnell eine neue Aufsicht wollen – denn sie ist eine Voraussetzung für direkte Kapitalspritzen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM. Die Bundesregierung will dagegen zunächst strenge Regeln für die Bankenhilfen durchsetzen.

Beobachter erwarten von dem Gipfel deshalb zwar kaum konkrete Ergebnisse, gehen aber zugleich davon aus, dass wesentliche Weichenstellungen vorbereitet werden. Wichtige Entscheidungen könnten dann bereits auf dem nächsten Treffen der Staats- und Regierungschefs Ende des Jahres getroffen werden.

"Der Gipfel ist eine Etappe auf dem Weg in den Dezember, aber auch Etappen können interessant sein", heißt es aus deutschen Regierungskreisen. Mit anderen Worten: Jetzt wird sich positioniert und abgetastet, werden Kompromisse ausgelotet und rote Linien gezogen. Ende des Jahres geht es dann ans Eingemachte.

Quelle: ntv.de, jga/rts/AFP

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