Gabriele geständig Ex-Butler beklagt Misshandlung
02.10.2012, 15:45 Uhr
Papst-Butler Paolo Gabriele vor Gericht.
(Foto: REUTERS)
Der ehemalige Kammerdiener des Papstes, Gabriele, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei des Vatikan. In seiner Zelle habe Tag und Nacht das Licht gebrannt. In dem Prozess um den Diebstahl geheimer Dokumente zeigt sich Gabriele geständig. Ein schlechtes Gewissen hat er aber nur gegenüber dem Papst persönlich.
Der im Vatikan-Enthüllungsskandal angeklagte frühere Kammerdiener von Papst Benedikt XVI. hat der Polizei des Heiligen Stuhls vorgeworfen, ihn in Haft misshandelt zu haben. Die ersten Wochen nach seiner Festnahme habe er in einem winzigen Raum verbringen müssen, in dem rund um die Uhr Licht gebrannt habe, sagten Paolo Gabriele und sein Anwalt vor Gericht. Ein Richter ordnete eine Untersuchung an.
Darüber hinaus räumte Gabriele die Vorwürfe im Wesentlichen ein. Er gab vor dem vatikanischen Tribunal zu, vertrauliche Dokumente kopiert und weitergegeben zu haben, berichteten vom Vatikan zugelassene Prozessbeobachter nach der Verhandlung.
Dem Familienvater wird schwerer Diebstahl vorgeworfen; dafür drohen ihm bis zu vier Jahre Haft. "Was den schweren Diebstahl betrifft, fühle ich mich nicht schuldig", sagte Gabriele den Beobachtern zufolge. "Aber ich fühle mich schuldig, das Vertrauen missbraucht zu haben, das der Heilige Vater in mich gesetzt hatte."
Er habe keine Mittäter gehabt und kein Geld bekommen, sagte Gabriele. Die Unterlagen habe er zunächst für sich selbst kopiert, ohne eine Weitergabe ins Auge gefasst zu haben. Er habe sich ein genaueres Bild über die Vorgänge im Vatikan machen wollen, über die er Unbehagen verspürt habe.
Prozess dürfte nur kurz dauern
Neben Gendarmen und einer Hausdame aus dem päpstlichen Haushalt trat der päpstliche Privatsekretär Georg Gänswein in den Zeugenstand. Er habe bis kurz zur Festnahme Gabrieles keinen Verdacht gehabt, sagte Gänswein.
Der Prozess hatte am Samstag begonnen. Neben Vertretern der Vatikan-Medien "Osservatore Romano" und Radio Vatikan waren nur acht Journalisten zugelassen, die anschließend ihre Kollegen informierten. Weitere Verhandlungstage sind zunächst nicht festgelegt.
Der Präsident des Tribunals, Giuseppe Dalla Torre, sagte laut Beobachtern, es sei möglich, dass vier Verhandlungstage ausreichten. Vatikansprecher Federico Lombardi betonte dazu, es gebe kein Datum für das Ende des Prozesses.
Begnadigung durch Papst wahrscheinlich
Am ersten Verhandlungstag hatte Kardinal Velasio De Paolis ausgesagt und ebenso Spekulationen über Mittäter zurückgewiesen. "Ich persönlich glaube, dass es keine Überraschungen gibt; alles wird aufgeklärt werden."
De Paolis sagte, er glaube, dass der Papst im Falle einer Verurteilung Paolo Gabriele begnadigen könnte. "Die Vergebung ist ein besonderes persönliches Vorrecht des Heiligen Vaters." Bei einem umfassenden Geständnis, ehrlicher Reue und bei absoluter Sicherheit, dass die Tat sich nicht wiederholen könne, hätten die Päpste stets Gnade walten lassen.
Das Mitgefühl sei die Essenz der Kirche, die stets nah bei den ihren sei. De Paolis erinnerte daran, dass Johannes Paul II. im Jahr 1981 seinem Attentäter schon verziehen habe, als dieser nach dem Anschlag auf dem Petersplatz im Krankenhaus aufgewacht sei.
Quelle: ntv.de, rts/dpa