Politik

Scharping: Kritik ist "nachträgliche Schlaumeierei" Ex-Minister geben de Maizière die Schuld

Rudolf Scharping hielt die Zulassungsprobleme mit dem Euro-Hawk immer für lösbar, sagte er vor dem Untersuchungsausschuss aus.

Rudolf Scharping hielt die Zulassungsprobleme mit dem Euro-Hawk immer für lösbar, sagte er vor dem Untersuchungsausschuss aus.

(Foto: REUTERS)

Die ehemaligen Verteidigungsminister Scharping und Jung wollen von ernsten Problemen beim Projekt Euro-Hawk nichts gewusst haben. Es sei der amtierende de Maizière, der sich nicht genug um Informationen bemühte. Der Generalinspekteur sagt dagegen, er wäre bis heute nicht auf den Gedanken gekommen, die Entwicklung einzustellen.

Die erste Vernehmung von Zeugen im Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss hat den Streit angeheizt, ob bereits beim Entwicklungsstart für die Aufklärungsdrohne entscheidende Fehler gemacht wurden. Während Union und FDP von einem "Geburtsfehler" aus rot-grünen Zeiten sprachen, sieht die Opposition Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) zusätzlich belastet. Im Untersuchungsausschuss waren die früheren Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) und Franz-Josef Jung (CDU) sowie der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, vernommen worden.

Entscheidender Punkt war, ob die spätere Nicht-Zulassung der Aufklärungsdrohne, für die bereits mehr als 500 Millionen Euro gezahlt wurden, bereits frühzeitig absehbar war. Das Projekt war 2002 unter der rot-grünen Regierung gestartet worden. Scharping und Schneiderhan verwiesen in ihren Aussagen darauf, dass die Entwicklung einer Aufklärungsdrohne zwingend gewesen sei.

Scharping sagte, es sei eine "nachträgliche Schlaumeierei" zu sagen, die Zulassungsprobleme seien damals schon absehbar gewesen. Auch Jung betonte: "Von Zulassungsproblemen habe ich im Zusammenhang mit dem Thema "Euro Hawk" nichts gehört." Den in seiner Amtszeit abgeschlossenen Vertrag verteidigte er.

Schneiderhan räumte ein, dass Risiken bei der "Euro Hawk"-Beschaffung von Anfang an absehbar waren. Allerdings seien die Probleme in der Konzeptionsphase von allen Beteiligten als lösbar eingeschätzt worden. "Es war niemand zu diesem Zeitpunkt da, der uns in irgendeiner Form gesagt hätte: nein." Von "Geburtsfehlern" könne deshalb nicht die Rede sein. Er zeigte auch Unverständnis für den Abbruch des Projekts. Es sei die richtige Technologie. "Deswegen wäre ich bis zur Stunde nicht auf den Gedanken gekommen: Dann lassen wir es bleiben."

Scharping hielt Probleme immer für lösbar

Die Zulassungsprozesse für die Test-Dohne und für die Serienproduktion liefen getrennt voneinander. Schneiderhan betonte, dass man diesen neuen Weg bewusst gewählt habe. "Damit hat man aber den Erprobungsflieger vorgezogen und bewusst in Kauf genommen, dass das ungelöste Zulassungsproblem die Serie gefährdet", sagte der FDP-Verteidigungsexperte Joachim Spatz nach der Vernehmung. "Ich würde eine solche Entscheidung durchaus Geburtsfehler nennen."

Auch sein CDU-Kollege Markus Grübel betonte, damals seien für den Demonstrator bewusst die Zulassungshürden gesenkt und damit ein Risiko eingegangen worden. Scharping, in dessen Amtszeit der größere Teil des Geldes für den Euro Hawk ausgeben wurde, habe die Zulassungsprobleme immer für lösbar gehalten.

Eine Mitschuld Scharpings am Scheitern des Euro-Hawk-Projektes wiesen sowohl der SPD-Obmann Rainer Arnold als auch sein Grünen-Kollege Omid Nouripur dagegen zurück. Es stimme zwar, dass es die Zulassungsproblematik von Anfang an gegeben habe. Damals habe es sich aber um eine frühe Entwicklungsphase gehandelt. Dass der Euro-Hawk nicht zu verwirklichen sei, sei spätestens ab 2009 ganz klar gewesen, kritisierte Nouripur.

"Bringschuld und Holschuld"

De Maiziere hatte das Projekt im Mai 2013 gestoppt. Er beruft sich darauf, ihm sei erst dann gesagt worden, dass die Probleme unlösbar geworden seien. Arnold warf de Maiziere persönliche Verantwortung vor. Es sei dessen Fehler, "dass dieser Entwicklungsvertrag vom Minister nicht eng persönlich begleitet wurde", sagte der SPD-Politiker.

De Maizière hatte den zuständigen Mitarbeitern in seinem Ministerium vorgeworfen, ihn nur unzureichend über die Probleme bei dem Projekt informiert zu haben. Er behielt sich deswegen sogar personelle Konsequenzen vor. Scharping sagte dagegen: "Es gibt bei Informationen eine Bringschuld und eine Holschuld." Bei einem Projekt von strategischer Bedeutung gehöre zur politischen Führung auch das intensive Nachfragen.

Der Untersuchungsausschuss soll klären, was bei dem Projekt schief gelaufen ist und wer dafür die Verantwortung trägt. Dazu sollen insgesamt 19 Zeugen an sechs Tagen vernommen werden. Ende August soll der Abschlussbericht vorliegen. Anfang September will sich der Bundestag kurz vor der Wahl in einer Sondersitzung damit befassen.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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