Politik

"The Day after" Exilsyrer legen Plan vor

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Im Verborgenen treffen sich syrische Oppositionelle in Berlin, mit Beteiligung des Auswärtigen Amtes. Sie entwickeln einen Plan für die erhoffte Zeit nach dem Assad-Regime. Jetzt stellen die Exilsyrer ihr Papier vor. Sie fordern auch militärische Unterstützung für den Sturz von Assad.

Eine Gruppe syrischer Oppositioneller hat sich auf einen Plan für die Zeit nach einem Ende des Assad-Regimes verständigt. Darin schlagen die etwa 45 Gegner von Machthaber Baschar al-Assad die baldige Einsetzung einer verfassunggebenden Versammlung vor. In dem Papier mit dem Namen "The Day After" ("Der Tag danach"), bekennen sie sich zu allgemeinen Menschenrechten und Demokratie. "Es ist ein Vorschlag, eine Vision für die Opposition, die aus vielen Gruppierungen besteht und schwer zu koordinieren ist", sagte der Pressesprecher des Syrischen Nationalrats, Sadiqu al-Mousllie, n-tv.de.

Für ihre Pläne orientierten sich die Verfasser des Dokuments am Beispiel anderer Staaten im Übergang zu einer Demokratie wie beispielsweise Südafrika.

Für ihre Pläne orientierten sich die Verfasser des Dokuments am Beispiel anderer Staaten im Übergang zu einer Demokratie wie beispielsweise Südafrika.

(Foto: REUTERS)

Zuvor hatte der französische Präsident Francois Hollande die Opposition zur Bildung einer provisorischen Regierung aufgefordert. Frankreich würde diese anerkennen, sagte er. Hollande will damit einen schnelleren politischen Umbruch in Syrien unterstützen. Wörtlich heißt es in dem Papier: "Aus einem Staat, der in Willkürherrschaft von Einzelnen regiert wird, muss in Syrien ein Rechtsstaat werden." Der Exilsyrer Amr al-Azm sagte bei der Vorstellung des Papiers, Ziel des Projekts sei es, die Bildung einer Übergangsregierung vorzubereiten.

Das Papier wurde seit Beginn des Jahres bei insgesamt sechs Treffen in Berlin erarbeitet. Beteiligt waren das wichtigste Oppositionsbündnis, der Syrische Nationalrat (SNC), aber auch andere Kräfte aus unterschiedlichen politischen, ethnischen und religiösen Lagern. Aus Sorge vor dem syrischen Geheimdienst wurden die Treffen geheim gehalten.

"Wir brauchen ein bisschen mehr als nur Worte"

Mit dem Plan will die Gruppe auch dem Vorwurf der Zerstrittenheit entgegentreten, dem sich die Opposition immer wieder ausgesetzt sieht. Wichtig sei die "nationale Versöhnung", um möglicher gesellschaftlicher Instabilität in der Zeit nach Assad vorzubeugen, so al-Mousllie. "Sunniten, Muslime, Christen, Alawiten und andere - das Regime hat versucht, diese nationale Einheit zu zerschlagen", sagte er.

Auf eine Prognose, wann es mit dem Assad-Regime zu Ende sein könnte, legt sich in dem Papier niemand fest. Die Oppositionellen fordern von der internationalen Gemeinschaft jedoch schlagkräftige Unterstützung für den Kampf gegen das Assad-Regime. Al-Azm zählte die Ausstattung der Rebellen mit schweren Waffen und eine militärische Intervention der internationalen Gemeinschaft zur Schaffung von Flugverbotszonen zu möglichen Maßnahmen. "Wir brauchen ein bisschen mehr als nur Worte", sagte er. "Wir benötigen die Mittel, um das syrische Regime daran zu hindern, sein eigenes Volk zu töten."

Der Exilsyrer verwies auf zehntausende syrische Flüchtlinge in Jordanien, im Libanon und der Türkei und sprach von einer inakzeptablen humanitären Krise. "Es ist einfach nicht genug, noch ein paar Zelte mehr zu spenden oder mehr Nahrungsmittel zur Verfügung zustellen", sagte er. Auch diese Hilfe sei zwar wichtig. "Aber wenn wir das Regime stürzen wollen, müssen wir mehr tun."

Al-Mousllie zufolge werde Syrien nach Assads Sturz vor großen Herausforderungen stehen, sowohl auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet als auch in Sicherheitsfragen. So geht es in dem Plan auch um Reformen für Armee, Justiz und Sicherheitsapparat. Es heißt darin: "Die neue politische Führung und Regierung muss mit einem klaren Bekenntnis zu politischen Grundsätzen und Verfahren zeigen, dass sie mit dem autoritären Erbe bricht." Die erst in diesem Jahr verabschiedete neue Verfassung müsse wieder abgeschafft und durch einen vorübergehenden Gesetzesrahmen ersetzt werden, der allen Syrern die gleichen Rechte garantiert. Grundlage dafür könnte die alte syrische Verfassung von 1950 sein.

Unterstützung aus Deutschland

Die Arbeit der Oppositionellen wurde von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) gefördert, einer der wichtigsten außenpolitischen Denkfabriken in Deutschland. Zur Finanzierung trugen nach Angaben der Opposition die Außenministerien der Schweiz und der USA sowie zwei regierungsunabhängige Organisationen aus den Niederlanden und Norwegen bei. Das Auswärtige Amt war ebenfalls von Beginn an in die Gespräche eingeschaltet, gab jedoch kein Geld.

Eine inhaltliche Einflussnahme der Vereinigten Staaten oder Deutschlands habe es nicht gegeben, so Nationalratssprecher Al-Mousllie. Man habe von den Erfahrungen der Organisationen profitiert, insbesondere hinsichtlich der Grundprinzipien einer Verfassung.

Assad sieht sich seit März 2011 mit einem Volksaufstand konfrontiert, der sich zu einem blutigen Konflikt entwickelt hat. Nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden seither mehr als 25.000 Menschen getötet.

Quelle: ntv.de, rpe/dpa/AFP

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