Politik

UN-Inspekteure legen Syrien-Ergebnisse vor Experten beweisen Einsatz von Nervengift

Bilder von Leichenbergen gingen am 21. August um die Welt.

Bilder von Leichenbergen gingen am 21. August um die Welt.

(Foto: AP)

Über Wochen war es nur ein Vorwurf, jetzt ist es traurige Gewissheit: In Syrien müssen viele Menschen am Nervengift Sarin sterben. Die UN-Inspekteure finden nach ihren Recherchen vor Ort entsprechende Beweise. Doch wer hat die Chemiewaffen eingesetzt?

Assads Giftgasarsenal

Syriens Herrscher Baschar al-Assad soll internationalen Experten zufolge über hunderte Tonnen Giftgas verfügen. Sein Arsenal könnte aus diversen Chemiewaffen bestehen:

Sarin wurde 1938 von deutschen Chemikern der IG-Farben entwickelt. Es ist hochwirksam, schon kleinste Mengen wirken tödlich. Es kann über die Haut oder Atmung aufgenommen werden und dann zur vollständigen Lähmung führen. Da es weder riecht noch sichtbar ist, lassen sich Wasser und Nahrung damit leicht vergiften.

Das Nervengas VX ist eine farblose bis gelbliche Flüssigkeit, die über die Augen und die Atemwege in den Körper eindringt. Schon die geringsten Mengen führen zur Lähmung der Atemmuskulatur und zum Tod.

Senfgas wurde von einem Franzosen bereits im Jahr 1854 entwickelt, deutsche Truppen setzten es im Ersten Weltkrieg ein. Das Gas, das über die Haut eindringt, führt zu entstellenden Verletzungen und war lange Zeit eine der am meisten gefürchteten Waffen.

In Syrien ist laut den im Land eingesetzten UN-Inspekteuren das Nervengift Sarin verwendet worden. Dafür gebe es "klare" Beweise, heißt es in dem Bericht, der im Laufe des Tages noch dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt werden soll. Nach US-Angaben waren am 21. August bei einem Giftgaseinsatz nahe der syrischen Hauptstadt Damaskus mehr als 1400 Menschen getötet worden. Die Inspekteure nannten keine Schuldigen.

Der Bericht des UN-Chefwaffeninspekteurs Ake Sellström bestätigt zunächst einmal den Einsatz des Nervengiftes. Dies geht unter anderem aus einem Foto von der Übergabe des Berichts durch Sellström an UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hervor. Dieses Foto veröffentlichten die Vereinten Nationen. Auf dem Bild ist zu entziffern, dass Geschosse mit "dem Nervenkampfstoff Sarin eingesetzt wurden".

Einsatz im "relativ großen Maßstab"

Offiziell soll der Bericht erst später am Montag veröffentlicht werden. Auf dessen ersten Seite heißt es weiter, Chemiewaffen seien "in relativ großem Maßstab" während des 30-monatigen Konflikts in Syrien eingesetzt worden. Sarin gehört zu den am meisten gefürchteten Kampfstoffen: Es ist farblos, geruchlos, geschmacklos - und kann bereits in einer Dosis von nur einem halben Milligramm zum Tod führen.

Die USA und ihre Verbündeten machen Syriens Regierung für den Giftgaseinsatz vom 21. August verantwortlich. Der Bericht der UN-Experten gilt als wichtig für die weiteren Beratungen des Sicherheitsrats. Die UN-Inspektoren, die im August in Syrien vor Ort waren, hatten allerdings kein Mandat, um der Frage nachzugehen, wer für Chemiewaffen-Angriffe die Verantwortung trägt.

Weitere Experten nennen 14 Verdachtsfälle

Vom UN-Menschenrechtsrat beauftragte Experten gehen unterdessen 14 Verdachtsfällen von Chemiewaffen-Angriffen in Syrien nach. Nach derzeitigem Stand sei es allerdings unmöglich, die seit Ende 2011 verübten mutmaßlichen Angriffe der einen oder anderen Konfliktpartei zuzurechnen, sagte der Leiter einer vierköpfigen Kommission, Paulo Sergio Pinheiro, in Genf. Er begründete dies mit Schwierigkeiten, Beweise für die Attacken zu sammeln. Die syrische Regierung verweigert der Kommission – anders als den Waffeninspekteuren – bislang die Einreise. Ungeachtet dessen, wer die C-Waffen eingesetzt habe, sei dies in jedem Fall ein Kriegsverbrechen, sagte Pinheiro

Die Ermittler, denen auch die frühere Chefanklägerin am Internationalen Strafgerichtshof, Carla del Ponte, angehört, stützten sich daher bei ihren seit September 2011 andauernden Untersuchungen vor allem auf Zeugenaussagen und Videoaufnahmen von Chemiewaffenattacken in Syrien. Sie sprachen mit Flüchtlingen aus Syrien und mit Einheimischen am Telefon. Außerdem werteten sie Material aus, das ihnen von Militärexperten zur Verfügung gestellt wurde.

Quelle: ntv.de, jtw/AFP/rts

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