Politik

Direkt aus Westerwelles Büro FDP-Maulwurf offenbart sich

Das Geheimnis ist gelüftet. Ausgerechnet der Büroleiter von FDP-Chef Westerwelle war es, der die Amerikaner über den Verlauf der schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen informierte. Auch wenn ihn die FDP in ihrer Pressemitteilung als "ausgesprochen zuverlässig, umsichtig und klug" bezeichnet, ist der 42-jährige Helmut Metzner jetzt seinen Job los. Auslöser waren die Enthüllungen auf Wikileaks.

Die FDP-Spitze hat den Büroleiter von Parteichef Guido Westerwelle als den Informanten enttarnt, der Details aus den Koalitionsverhandlungen an die US-Botschaft in Berlin weitergegeben hat. Parteisprecher Wulf Oehme teilte in Berlin mit, der 42-Jährige sei von dieser Funktion im "gegenseitigen Einvernehmen entbunden" worden.

Melmut Metzner hat sich selbst offenbart.

Melmut Metzner hat sich selbst offenbart.

(Foto: dpa)

Informant Helmut Metzner fungierte während der Koalitionsverhandlungen im Herbst vergangenen Jahres als Leiter der Abteilung "Strategie und Kampagnen", zu der auch die Pflege der internationalen Beziehungen zählte. Seit Beginn dieses Jahres leitete er das Büro Westerwelles in der Parteizentrale. Seine Parteikarriere dürfte nun allerdings beendet sein, auch wenn Oehme klarstellt, dass Metzner nun andere Aufgaben wahrnehmen werde. Denn schließlich gelte Metzner als "ausgesprochen zuverlässig, umsichtig und klug".

Laut Oehme hat sich der Informant bei Gesprächen der Parteispitze selbst offenbart. Auf Bitten der Botschaft habe er in eigener Verantwortung mit der US-Botschaft in Gesprächskontakt gestanden, so wie zahlreiche Mitarbeiter anderer Parteien auch. Dabei habe er nur frei zugängliche Auskünfte erteilt. Vertrauliche Dokumente seien nicht übergeben oder zur Einsicht gewährt worden. "Für ein rechtlich angreifbares Verhalten gibt es keinerlei Anhaltspunkte", hob der FDP-Sprecher hervor.

"Gut platzierte Quelle" schnell gefunden

Das Internetportal Wikileaks hatte aus geheimen Depeschen von US-Botschafter Philip Murphy an Washington mit Einzelheiten aus den Koalitionsverhandlungen berichtet. Als Quelle hatte der Botschafter einen "jungen, aufstrebenden Parteigänger" der FDP angegeben. Westerwelle hatte die Existenz eines Informanten bestritten, dann aber angekündigt, dass er mit allen infrage kommenden Mitarbeitern Gespräche führen wolle.

Bei einer Präsidiumssitzung der FDP

Bei einer Präsidiumssitzung der FDP

(Foto: dapd)

Seit der Veröffentlichung im "Spiegel" am Montag suchte die FDP-Spitze also mit Hochdruck nach dem Kollegen, der den Amerikanern angebliche Geheiminformationen steckte. Allzu schwierig war es nicht, der "gut platzierten Quelle" (O-Ton Murphy) auf die Spur zu kommen - zu klein war der Kreis der Verdächtigen. Damit war klar, dass es bis zur Enttarnung nur eine Frage von Tagen war. Metzner offenbarte sich schließlich selbst.

Metzner war schon seit Jahren an der Seite des FDP-Vorsitzenden unterwegs, immer freundlich und stets umtriebig. Im Wahljahr 2009 hatte es der gebürtige Bamberger im Thomas-Dehler-Haus bis zum Chef der Abteilung "Strategie und Kampagne" geschafft. Darüber hinaus war der Franke für die internationalen Beziehungen zuständig, auch für die FDP-Kontakte zu den wichtigsten Botschaften in Berlin. Aus dieser Zeit stammen auch die Kontakte zum US-Botschafter Philip D. Murphy, der im Herbst 2009 noch ganz neu im Amt war.

Großer, persönlicher Ehrgeiz

Gravierend wirkt nun aber, dass der bei den Koalitionsgesprächen als Protokollant eingesetzte FDP-Mitarbeiter den Wikileaks-Veröffentlichungen zufolge mit zahlreichen internen Papieren, Teilnehmerlisten, Zeitplänen und handschriftlichen Notizen persönlich bei den Amerikanern vorgesprochen haben soll. Unter anderem soll er den Amerikanern über einen Streit in der Runde zum Thema Abrüstung berichtet haben. Den damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble charakterisierte er demnach als neurotischen und "zornigen alten Mann", der überall Bedrohungen sehe. Laut einer Depesche Murphys hatte die Quelle den Botschaftsmitarbeitern "schon in der Vergangenheit interne Parteidokumente angeboten".

Laut "Süddeutscher Zeitung" soll in Parteikreisen die These die Runde gemacht haben, wonach Westerwelle Metzner persönlich zu den Amerikanern geschickt haben soll. So habe er die skeptischen USA von seinen Amerika-freundlichen Absichten überzeugen wollen.

Westerwelles "Klatsch- und Tratschgeschichten"

Westerwelle hatte noch zu Wochenbeginn versucht, die Angelegenheit möglichst nicht aufzubauschen. So verwies er darauf, dass keine geheimen Dinge ausgeplaudert worden seien. Vielmehr handele es sich um "Klatsch- und Tratschgeschichten", die zum Zeitpunkt der Koalitionsverhandlungen in jeder deutschen Tageszeitung gestanden hätten. Westerwelle hatte zugleich die Existenz des Informanten mit den Worten bestritten: "Ich glaube diese Geschichte nicht."

Möglicherweise hat Westerwelle sogar selbst seine Finger im Spiel.

Möglicherweise hat Westerwelle sogar selbst seine Finger im Spiel.

(Foto: picture alliance / dpa)

Innerhalb der Partei hatten in den vergangenen Tagen die gegenseitigen Verdächtigungen zugenommen, so dass auch andere Mitarbeiter, etwa mit amerikanischer Staatsbürgerschaft, ins Visier geraten waren. Zudem war in der FDP-Fraktion Unmut unter den Abgeordneten laut geworden, die sich um das Ansehen der Partei sorgten und vor Ort Kritik der Basis an der Vertrauenswürdigkeit der Liberalen fürchteten. Mit der Enttarnung des Maulwurfs will die FDP nun rasch einen Schlussstrich unter die Affäre ziehen.

Lädiertes Ansehen des Parteichefs

Vor allem für Westerwelle ist die Enttarnung einer engen Vertrauensperson ein Rückschlag. Der Parteivorsitzende war gerade dabei, die FDP vor den wichtigen Landtagswahlen im nächsten Jahr zu stabilisieren. Als Reaktion auf den massiven Einbruch in den Umfragen ist er seit dem Sommer bemüht, sich aus tagesaktuellen Debatten herauszuhalten und sich auf sein Amt als Außenminister zu konzentrieren.

Wenig schmeichelhaft sind für Westerwelle nicht zuletzt die Bewertungen Murphys über seine Person. So wird der Liberale vom US-Botschafter als ideenlos, reizbar und überschäumende Persönlichkeit mit großem Geltungsdrang beschrieben.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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