Sondersitzung zu Möllemann FDP-Promis machen Druck
30.05.2002, 15:12 UhrIm Antisemitismus-Streit zwischen FDP-Bundesvize Jürgen Möllemann und dem Zentralrat der Juden in Deutschland kritisieren immer mehr prominente FDP-Vertreter ihren Parteifreund. FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt erklärte, die von Möllemann eröffnete Diskussion müsse "endlich ein Ende finden".
Die FDP sei eine Partei "der Toleranz, Weltoffenheit und internationalen Verlässlichkeit. Daran muss sich jedes, auch prominentes, Mitglied im Bundesvorstand halten", unterstrich Gerhardt, ohne Möllemann direkt zu nennen.
Nach Ansicht von FDP-Vizechef Walter Döring hat der Streit dem Aufwärtstrend der Freien Demokraten geschadet. Döring kritisierte, Möllemann habe sich gegen die Beschlüsse des Bundesparteitages vor knapp drei Wochen gestellt. Danach wollte sich die FDP im Wahlkampf wieder stärker auf Inhalte konzentrieren.
Appell des Kanzlers
Bundeskanzler Gerhard Schröder appellierte erneut an die FDP, die von ihrem stellvertretenden Vorsitzenden Jürgen Möllemann geäußerten Vorwürfe gegen den Zentralrat der Juden in Deutschland zurückzunehmen. In der n-tv-Sendung "Maischberger", sagte Schröder, er hoffe, "dass die Dinge glasklar geklärt werden" und dass man zurückfinde zu einer Position wie "vor dieser unsäglichen Debatte".
Der Kanzler betonte, er halte weder Möllemann noch die FDP für antisemitisch, jedoch sei es gefährlich, wenn aus Oberflächlichkeit und Mangel an Sensibilität der Eindruck erweckt werde, dass bestimmte Menschen in Deutschland unerwünscht seien oder dass die Opfer auch Täter seien.
FDP will Tacheles reden
Am Freitag trifft sich der FDP-Bundesvorstand zu einer Sondersitzung in Berlin. Parteichef Guido Westerwelle, der die Sitzung einberufen hat, will darin die Position der FDP im Antisemitismus-Streit klarstellen. Der Parteichef wolle sich den Aufwärtstrend für die FDP nicht durch den anhaltenden Konflikt mit dem Zentralrat kaputt machen lassen und schrecke auch nicht vor einer Konfrontation mit Möllemann zurück, hieß es in FDP-Kreisen.
Spiegel pocht auf Entschuldigung
Möllemann zeigte inzwischen mit seinem Brief an den Präsidenten des Zentralrates, Paul Spiegel, guten Willen - entschuldigt hat er sich nicht. In einem Antwortschreiben auf den Brief des FDP-Politikers äußerte Spiegel sein Befremden, dass Möllemanns Brief "weder den Tenor einer Entschuldigung noch das Wort selbst" enthalte. "Wir erwarten nach wie vor eine persönliche Entschuldigung von ihm bei Friedman und mir", sagte Spiegel.
"Kritik an Israel kein Antisemitismus"
Möllemann seinerseits hatte ihn seinem Brief gefordert, Zentralrats-Vize Friedman sollte den Vorwurf des Antisemitismus "jetzt aus der Welt schaffen".
Zuvor hatte der FDP-Politiker in einem Interview eingeräumt, Fehler gemacht zu haben. "Ich hätte das so nicht sagen sollen und das Ganze besser bedenken müssen", sagte er. Möllemann hatte Friedmans Auftreten für ein Erstarken des Antisemitismus mitverantwortlich gemacht.I
Quelle: ntv.de