Eigenes Wehrdienst-Konzept FDP will "Fleisch an die Knochen"
23.03.2010, 10:40 UhrAuch bei der Wehrpolitik knirscht es im schwarz-gelben Getriebe: Aus Unzufriedenheit über die schleppende Umsetzung der Wehrpflicht-Verkürzung um drei Monate durch CSU-Verteidigungsminister Guttenberg legen die Liberalen nun ein eigenes Konzept vor.
Die FDP setzt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit einem eigenen Konzept zur Umgestaltung des Wehrdienstes unter Druck. In einem Eckpunkte-Papier lehnen die Liberalen zentrale Vorhaben des Ministers ab. Sie sperren sich gegen die geplante Verkürzung der Grundausbildung von drei auf zwei Monate. Außerdem wollen sie den reformierten Wehrdienst schon im Juli einführen, drei Monate früher als von Guttenberg geplant. Die FDP plädiert auch für den Einbau von Praktika in anderen Truppengattungen, um den Wehrdienst stärker als Instrument der Nachwuchsgewinnung zu nutzen.

Ein Ausbilder der Bundeswehr überprüft auf einem Truppenübungsplatz in Ahlen die entleerten Waffen der Rekruten in der Grundausbildung.
(Foto: dpa)
Die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff drängte Guttenberg, Einzelheiten zur Umgestaltung des Wehrdienstes auf den Tisch zu legen. Um die Reform wie geplant verwirklichen zu können, müsse es "Fleisch an die Knochen" geben, forderte sie in der "Financial Times Deutschland". Bisher habe sie noch kein kohärentes Konzept gesehen. Die Teilstreitkräfte bräuchten aber Zeit, um sich auf die Änderungen vorzubereiten.
Hoff kritisierte der Zeitung zufolge auch die Informationspolitik des Verteidigungsministeriums gegenüber dem Parlament. Entgegen der Zusage von Ressortchef Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) habe es keine Informationen über die Arbeit einer Kommission gegeben, die sich im Ministerium seit November mit der Dienstzeitverkürzung befasse.
Mehr Wehrpflichtige einziehen
Bisher dauert der Wehrdienst, den die Liberalen gern völlig aussetzen und nur im Notfall wieder aktivieren würden, neun Monate. In den Koalitionsverhandlungen hatten sich Union und FDP geeinigt, ihn auf sechs Monate zu verkürzen. Guttenberg will die Grundausbildung nun im Regelfall auf zwei Monate beschränken und statt bisher 40.000 bis zu 50.000 Wehrpflichtige einziehen. Nach seinen Plänen soll der verkürzte Wehrdienst erstmals für die zum Oktober einberufenen Wehrpflichtigen gelten.
Dies ist der FDP jedoch zu spät. Stichtag sei schließlich der 1. Januar 2011, argumentiert die Partei. "Das bedeutet, dass Wehrpflichtige, welche am 01. Juli 2010 einberufen werden, ihren Wehrdienst ebenfalls nach sechs Monaten beenden", heißt es in dem Eckpunkte-Papier. Zudem will die FDP den Wehrpflichtigen einen Urlaubsanspruch zubilligen, der den ohnehin verkürzten Dienst weiter zerstückeln würde. Die von Guttenberg geplante verkürzte Grundausbildung lehnt die FDP dagegen ab: Wehrpflichtige und längerdienende Soldaten müssten die gleiche Basis haben, um einen Qualitätsunterschied bei einer späteren Weiterverpflichtung zu vermeiden.
Außerdem wollen die Liberalen den Wehrpflichtigen Praktika in anderen Truppengattungen, Teilstreitkräften oder Offiziersschulen ermöglichen. Sie sollten so gegen Ende ihrer Dienstzeit die Chance erhalten, sich gezielt über eine Zukunft in der Bundeswehr zu informieren. "Diese Art von Informationsmöglichkeit ist sicherlich mit einem gewissen Aufwand verbunden, aber erscheint vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbs um geeigneten Nachwuchs (...) als adäquates Instrument", heißt es in dem Papier.
Sorge um Zivildienst
Die Dauer des Zivildiensts hängt von der Dauer des Wehrdienstes ab. Die führenden Wohlfahrtsverbände hatten nach der Verkürzung auf sechs Monate angekündigt, sie seien angesichts einer oft mehrmonatigen Einarbeitungszeit kaum mehr in der Lage, die Arbeit mit den Zivildienstleistenden gewinnbringend durchzuführen. Die Union will auf die Sorgen der Wohlfahrtsverbände eingehen und plant, dass die "Zivis" ihren Dienst künftig freiwillig um bis zu sechs Monate verlängern können. Die FDP lehnt diese Pläne ab; sie vermutet dahinter den Versuch der Union, den Zivil- und damit auch den Wehrdienst zu stärken. Längerfristig will die FDP die Wehrpflicht abschaffen; sie sieht die Zukunft in einer Freiwilligenarmee.
Quelle: ntv.de, rts