Politik

Microsoft lässt die NSA E-Mails mitlesen FDP zweifelt an Friedrichs Reise

Nach seinen Gesprächen in Washington reist Friedrich sofort wieder nach Deutschland zurück.

Nach seinen Gesprächen in Washington reist Friedrich sofort wieder nach Deutschland zurück.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit offenen Worten wolle Bundesinnenminister Friedrich in Washington auftreten, heißt es. Doch selbst bei Politikern von FDP und CDU gibt es Zweifel, dass die USA Auskunft über Umfang und Zweck der massenhaften Datensammlungen geben werden. Deren Details kommen langsam ans Licht. Dabei soll auch Software-Riese Microsoft eine Rolle spielen.

Die FDP zweifelt am Erfolg von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich bei seinen Gesprächen in Washington zur Aufklärung der US-Spähaffäre. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Christian Lindner sagte im ZDF, er erwarte von Friedrich, dass er in den USA Klarheit über Umfang und Zweck des Datensammelns schaffe. Zudem müsse der CSU-Politiker unterstreichen, dass die deutschen Bürger geschützte Grundrechte wie das auf Privatheit haben. "Wenn Sie mich fragen, ob ich glaube, dass Herr Friedrich diesen Erwartungen entsprechen kann, dann bin ich aber skeptisch. Ich glaube, das braucht noch einen längeren Prozess."

Friedrich will in Washington mit US-Justizminister Eric Holder und der für Terrorabwehr zuständigen Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Lisa Monaco, sprechen. Ein Treffen mit den Spitzen der US-Geheimdienste wird es nicht geben. Bei seinem Kurzbesuch wolle Friedrich mit offenen Worten klarstellen, dass eine flächendeckende Überwachung nicht verhältnismäßig ist, hieß es.

Grenze zwischen Sicherheit und Freiheit

Auch der frühere Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer von der CDU glaubt, dass die US-Seite dem deutschen Innenminister keine Antworten auf die drängenden Fragen zur NSA-Abhöraffäre geben wird. "Wir werden sehen, wie er heimkommt. Ich fürchte, dass er nicht schlauer ist, als er gegangen ist", sagte er in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner".

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der CSU setzt dagegen auf Aufklärung durch die Amerikaner. Die von der Bundesregierung an Washington gerichteten Fragen seien "klar und präzise". Deutschland wolle mit den USA weiter freundschaftlich zusammenarbeiten. Wenn aber im Raum stehe, dass die Amerikaner möglicherweise Regierungsstellen in Deutschland ausspähten, höre die Freundschaft auf. "So etwas muss angesprochen werden und darauf, denke ich, dürfen wir auch Antworten erwarten", sagte er.

SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte die Bundesregierung vor "Schaugesprächen" mit den USA. Friedrich dürfe die Angelegenheit "nicht verharmlosen", forderte Gabriel im Deutschlandradio Kultur. Es gehe darum, ob 500 Millionen E-Mails pro Monat von einem ausländischen Geheimdienst "mit Wissen der deutschen Bundesregierung und unter Mitarbeit des deutschen Geheimdienstes" abgehört würden, sagte Gabriel. "Das ist verboten, das ist eine Straftat, das ist die Verletzung des Artikels 10 unserer Verfassung. Und da finde ich, das darf man nicht verniedlichen." Er forderte zudem, die Europäer müssten mit den USA die Verträge über die Arbeit der Geheimdienste insgesamt neu verhandeln. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier mahnte zur Wahrung der Balance zwischen Sicherheit und Freiheit. Er habe die Vermutung, dass diese Grenzziehung in den USA in den vergangenen Jahren "nicht mehr stattgefunden" habe, sagte er dem WDR.

Zugriff auch auf verschlüsselte Mails

Derweil berichtete der britische "Guardian", dass der Software-Konzern Microsoft den US-Geheimdienst NSA dabei unterstützt haben soll, die Verschlüsselung von Daten durch Nutzer seiner Dienste zu umgehen. So habe Microsoft vor dem Start des neuen Web-Mail-Portals Outlook.com sichergestellt, dass die NSA stets Zugriff auf die Informationen bekommen könne

Microsoft betonte in einer Stellungnahme, im Einklang mit dem Gesetz gehandelt und nur in Einzelfällen auf die Daten zugegriffen zu haben. Es handele sich nicht um einen flächendeckenden Zugriff, sondern stets nur um Einzelfälle, teilte das Unternehmen mit. Zudem sei man verpflichtet, den Behörden Möglichkeiten für den Zugang zu Informationen zu gewähren. Das Unternehmen würde darüber gern offener reden können und setze sich deshalb für mehr Transparenz ein. Große Internet-Unternehmen wie Google und Facebook hatten zuletzt stets bestritten, den US-Behörden direkten Zugang zu ihren Servern zu gewähren.

Der Bericht basiert erneut auf Unterlagen des Informanten Edward Snowden, der bei einem Dienstleister der NSA gearbeitet hatte. Laut Snowden kann die NSA nach Belieben auf Informationen von Internet-Firmen zugreifen. In einem internen Schreiben heißt es demnach, die Behörde habe über das Überwachungsprogramm "Prism" Zugriff auf E-Mails bei den Microsoft-Diensten Hotmail, Live und Outlook.com, bevor sie verschlüsselt werden. Außerdem habe Microsoft daran gearbeitet, der US-Bundespolizei FBI den Zugang zu Daten in dem Online-Speicherdienst "SkyDrive" zu erleichtern. Der Internet-Telefoniedienst Skype sei an "Prism" Anfang 2011 noch vor seiner Übernahme durch Microsoft angeschlossen worden, heißt es weiter.

Neu an den Enthüllungen des "Guardian" ist laut dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar, dass der Geheimdienst über eine Schnittstelle verfügt haben soll, mit der er E-Mails schon vor der Verschlüsselung auswerten kann. Laut Schaar müssen auch deutsche Nutzer von Microsoft-Diensten damit rechnen, dass sie vom US-Geheimdienst NSA ausgespäht werden. Die US-Gesetzgebung erlaube den Zugriff auf Kommunikationsdaten von Ausländern "in sehr breitem Umfang", sagte Schaar dem Bayerischen Rundfunk. Beispielsweise sei keine vorherige "richterliche Genehmigung mit Namen und einem Verdächtigen" erforderlich.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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